OER007: Revolutionen oder Reförmchen? OER aus bildungsphilosophischer Sicht

Bildungsphiliosphie Anja C. Wagner und Markus Deimann x3, Foto von Jöran Muuß-Merholz unter CC BY 4.0
Philosophieren mit Anja C. Wagner und Markus Deimann, Foto von Jöran Muuß-Merholz unter CC BY 4.0

Podcast mit Dr. Anja C. Wagner FrolleinFlow / ununi.TV und Dr. Markus Deimann, FernUniversität in Hagen

„OER ist ein Signalbegriff: Wir haben jetzt im digitalen Zeitalter eine Errungenschaft erzielt, mit der wir zeitgemäß lernen können.” Für Dr. Markus Deimann von der FernUniversität in Hagen sind die Ressourcen und Artefakte aus dem Internet und deren Aufarbeitung ein Teil des Bildungsprozesses.
Auch Dr. Anja C. Wagner von ununi.TV meint, OER seien oftmals nicht um der Bildung willen eingesetzt, sondern Teil der Marketingstrategie. Sie kritisiert, dass im aktuellen System der Hochschulen kaum freie Bildungsressourcen entstehen können. „Es gibt nur wenig Initiative aus Hochschulen heraus, sich so neu aufzustellen, dass es uns allen nützt – und nicht nur ihnen selbst.” Dabei sei OER selbst kein Kampfbegriff, es ginge nicht nur um didaktisch abgerundete Einheiten, man müsse sie deutlich prozessorientierter entwickeln.
An US-amerikanischen Hochschulen gibt es deutlich größere Tendenzen zu freien Bildungsressourcen. Deimann sieht das vor allem darin begründet, dass diese eine sehr große Studierendenzahl haben und sich daher OER ohne große zusätzliche Investitionen bereitstellen als Werbemaßnahme nutzen ließen. Doch kann das der einzige Gewinn von OER sein? „Eigentlich wissen wir alle, dass das Bildungssystem ausgedient hat. Ich denke, OER ist ein Versuch, es noch ein bisschen in die neue Zeit rüberzuretten”, findet Wagner und spricht damit einen kritischen Punkt an. „Ich frage mich, ob es im 21. Jahrhundert noch Hochschulen braucht.”

Nicht zitierfähig
Ein allgemeiner Hinweis: Die Podcasts sind Gespräche, keine Vorträge. Es wird viel gemeinsam nachgedacht und spekuliert. Selbstverständlich kann gerne Bezug auf Inhalte aus den Podcasts genommen werden. Aber die Aussagen der Beteiligten können nicht im Sinne wissenschaftlicher Zitate genutzt werden.

Deimann sieht auch die Frage nach den Lizenzmodellen kritisch. Neben den CC-Lizenzen seien auch Open-Source-Lösungen, gerade im Software-Bereich, noch erwähnenswert. Doch würde dieses Thema eher alles verkomplizieren und Unsicherheiten fördern. „OER allein reichen nicht aus, wir brauchen auch OEP – Open Educational Practices.”
Doch wo sehen sie die Fortschritte im deutschsprachigen Bereich? Wagner sieht die schwache Entwicklung als „Armutszeugnis für das System”, positive Entwicklungen könnten von unten kommen und nur innovativ sein, wenn sie kritisch gegen die etablierten Strukturen entwickelt werden. Als Beispiel sieht sie hier die Wikipedia. Deimann sieht auch den Gedanken an die Weiternutzung kritisch, denn niemand würde vorhandenes Material qualitativ aufbereiten. Doch gibt es Hoffnung für OER? Wagner: „Wir müssen es schaffen, eine Infrastruktur zu entwickeln, die Menschen langsam in ihre Freiheit entlässt.”

Der Podcast



Gesprächspartner

Anja C. Wagner, Foto unter CC BY 3.0 DE
Anja C. Wagner, Foto unter CC BY 3.0 DE

Erwähnte Institutionen / Personen / Projekte:

Eckdaten

Aufgezeichnet am 22.01.2015 in Berlin.
Produziert mit freundlicher Unterstützung des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft.

Creative Commons LizenzvertragText und Podcast stehen unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebes soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: … für den Text: Kai Obermüller  für www.open-educational-resources.de – Transferstelle für OER. … für den Podcast: Jöran Muuß-Merholz für www.open-educational-resources.de – Transferstelle für OER. Der Podcast-Jingle verwendet einen Ausschnitt aus dem Track „I dunno“ von grapes, lizenziert unter CC BY 3.0.

2 Kommentare zu “OER007: Revolutionen oder Reförmchen? OER aus bildungsphilosophischer Sicht

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