Im Grunde lassen sich Open Educational Resources mit jeder Didaktik verbinden, in der Lernmaterialien zum Einsatz kommen.
Das volle Potenzial entfalten OER aber erst, wenn sie in pädagogische Konzepte eingebettet werden, die auf Offenheit basieren und Lernende dazu ermuntern, selbst OER zu erstellen.
David Wiley, Vordenker der OER-Bewegung, stellt in seinem Blogbeitrag „What is Open Pedagogy?“ eine erstaunliche Rechnung an. Durchschnittlich machen amerikanische Studierende sechs Stunden Hausaufgaben, hochgerechnet über ein Semester und multipliziert mit der Zahl der Studierenden ergibt dies 1.800.000.000 Stunden Hausaufgaben pro Semester. Schade ist: Der Löwenanteil der erledigten Aufgaben wird hinterher nicht mehr benötigt und landet im Papierkorb. Wiley fragt sich, ob es nicht sinnvoller und motivierender wäre, wenn Aufgaben so gestellt würden, dass sich die Ergebnisse weiterverwenden ließen? Hier kommen OER ins Spiel: Von Lernenden für zukünftige Lernende produziert, besitzen sie eine Relevanz – auch nach Kursende.
Lernszenarien, in denen Lerner*innen OER für andere erstellen, lassen sich zu den Open Educational Practices zählen. Ihre erfolgreiche Umsetzung hat eine Vorbedingung: Die offene pädagogische Haltung, deren Merkmale unter dem Stichwort Open Pedagogy zusammengefasst werden. Zu diesem Mind-Set gehören Werte wie Vertrauen, Kreativität und Gemeinschaftssinn sowie bestimmte Arbeitsweisen wie kollaboratives Vorgehen, Peer-Review und die Verwendung von Mitmach-Technologien.
Eine Didaktik von OER entwirft also Lern-Lehrszenarien, in denen Lernende OER erstellen. Diese Lernszenarien sollten möglichst viele Merkmale einer innovativen, offenen Pädagogik besitzen, die wiederum in der Unterrichtspraxis umgesetzt werden. Für die Ausarbeitung eines methodisch-didaktischen Konzeptes können sich Lehrende an folgenden Fragen orientieren:
Wir haben für Sie Websites, Literatur und Projekte mit konkreten Unterrichtsplänen, mit Ideen für OER-Projektarbeiten und mit Erfahrungsberichten samt didaktisch-methodischen Tipps zusammengestellt.
Das Lernschrittkonzept, entwickelt für Berufsschulen vom Hessischen Kultusministerium, ist auf Kompetenzorientierung und Individualisierung von Lernprozessen ausgerichtet – und weist daher viele Berührungspunkte zur OER-Thematik auf. In der Projektbroschüre erfahren interessierte Lehrkräfte, wie sie Lernende auf ihrem Weg zum selbstbestimmten und individuellen Lernen begleiten können.
In der Sammlung von Unterrichtsideen des Projekts edulabs, das ein Teil der OERinfo-Förderung war, finden sich auch Lerneinheiten, in denen OER produziert wird. Die Vorschläge rangieren von Wikipedia-Artikel in der Klasse erstellen, über interaktive Geschichten mit Storytelling-Tools erzählen bis hin zur Lernapps produzieren. Die Ideen lassen sich nach Stufen sortieren und sind frei nachnutzbar.
Eine einfache Möglichkeit OER zu erstellen, ist ein Wiki anzulegen. Wikis sind Websites, deren Inhalte gemeinschaftlich erstellt und bearbeitet werden, die bekannteste unter ihnen dürfte die Online-Enzyklopädie Wikipedia sein. Das Portal „Wiki in der Schule“, informiert ausführlich über die unterrichtlichen und schulischen Einsatzmöglichkeiten und bietet Hilfestellung bei der technischen Umsetzung.
Bloggen ermöglicht Lernenden, ihr Wissen als OER zu verbreiten. Im Dossier der Bundeszentrale für Politische Bildung wird in 10 Schritten geschildert, wie Lehrkräfte Blogs im Unterricht nutzen können. Zu den wichtigsten Voraussetzungen gehören neben der Ausstattung auch eine Zeitinvestition für die Einarbeitung in Technik und Methode, eine Investition, die sich auf lange Sicht aber auszahlt.
An der Universität Hamburg haben sich Studierende intensiv mit Zukunftsperspektiven zur Nachhaltigkeit auseinandergesetzt und das in einem Lernerzentrierten Kurskonzept festgehalten. Dabei erhielten die Studierenden die Gelegenheit, in Gruppenarbeit ein selbstgewähltes Thema zu erarbeiten und in einem Video umzusetzen. Das Sammelwerk von Mirjam Braßler, Arnd Holdschlag und Ivo van den Berk stellt das Konzept und die Ergebnisse des Projekts vor.
Jim Marquardson und Ryan M. Schuetzler haben als Kursarbeit ihre Studierenden Tutorials für Mitstudierende erstellen lassen. Die auf Englisch erschienen https://opencontent.org/blog/archives/2975″>Blogartikel sein Verständnis von offener Pädagogik und lässt Erkenntnissen aus John Hatties Studie „Visible Learning“ einfließen. Aus der Kombination der beiden Perspektiven leitet Wiley einige konkrete Tipps für eine offene Unterrichtsgestaltung und nachhaltige Aufgaben ab, an denen sich Lehrende orientieren können.