Offene Bildungsressourcen (OER) in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung

Willkommen auf unseren Seiten zum Thema „OER in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung“.
Die Informationsstelle OER hat unter anderem die Aufgabe, Erkenntnisse zur Nutzung und Verbreitung von OER in den einzelnen Bildungsbereichen zu sammeln und Informationen zur Verfügung zu stellen, die beides unterstützen. Um die einzelnen Aspekte rund um das Thema möglichst übersichtlich zugänglich zu machen, haben wir unser Angebot auf OERinfo in thematische Kapitel geordnet, die Sie auch über die Navigation im oberen Bereich dieser Seite erreichen: OER einführen, OER finden, mit OER lernen und lehren, aber auch OER herstellen und über OER forschen. Einen Überblick zum Stand der Dinge bezüglich OER in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung finden Sie auf dieser Seite. Wir hoffen, dass Ihnen die hier gebotenen Informationen nützlich sind und freuen uns über Ihr Feedback.

Was sind offene Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER) und welchen Sinn macht Ihr Einsatz in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung? Zu dieser Frage gibt das nachfolgende Video eine kompakte und kompetente Antwort.

Video von oncampusFHL unter Verwendung von [COER MOOC] Video 2 – OER, Warum und Wozu?“ von Sandra Schön und Martin Ebner für iMOOX.at steht unter der Lizenz CC-BY 4.0

Der Bereich der Erwachsenenbildung/Weiterbildung kann rein auf die Zahl möglicher Teilnehmer*innen bezogen als größter Bildungsbereich überhaupt bezeichnet werden. Die Bildung Erwachsener dient dabei nicht nur der Weiterqualifikation nach Schule und Ausbildung, sondern sie liegt auch aus weiteren Gründen im Interesse der Gesellschaft als Ganzes: Durch kulturelle und politische Bildung fördert die Erwachsenenbildung Teilhabe, die sozial integrierende Wirkung von Erwachsenenbildung verringert gesellschaftliche Konflikte. Bildungsmaßnahmen bieten Raum für die eigene Lebensgestaltung und die persönliche Weiterentwicklung (vgl. Tippelt 2005). Die Öffnung von Bildungsressourcen kann eine Verbesserung der Qualität von Bildung erreichen und den Zugang zu Bildung erleichtern.

Wie steht es nun in Sachen OER in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage kann es nicht geben, denn die Landschaft der Erwachsenenbildung und Weiterbildung in Deutschland ist vor allem durch ihre Vielfalt gekennzeichnet. Die gängige Kategorisierung der Kultusministerkonferenz in die Bereiche der allgemeinen und politischen Erwachsenenbildung sowie der beruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung bildet diese Tatsache nur im Ansatz ab. Die einzelnen Bereiche sollen deshalb mit Blick auf offene Bildungsressourcen nachfolgend etwas eingehender betrachtet werden:

Allgemeine Erwachsenenbildung und politische Bildung: Offenheit ist Programm

Der Bereich der Allgemeinen Erwachsenenbildung beispielsweise ist auf institutioneller Seite stark durch die bundesweit verbreiteten Volkshochschulen und ihre Verbände geprägt, es existiert jedoch eine Vielzahl an Anbietern und Bildungsträgern. Auf Seiten der Lehrenden fällt die große Zahl an Selbstständigen bzw. freiberuflich tätigen Lehrpersonen auf. Die Angebote ebenso wie deren Adressat*innen sind extrem vielfältig und uneinheitlich, wie ein Blick in ein beliebiges VHS-Programmheft offenbart.

In der politischen Bildung sind die Bundeszentrale für Politische Bildung und deren Landeszentralen wichtige Akteure, aber es gibt außerdem noch eine Vielzahl an davon unabhängigen Stiftungen und Einrichtungen, die politische Bildungsarbeit leisten. Die Bildungsangebote sind durch ihre durchgehend politische Einbettung zusammengefasst.

In Bezug auf das Thema Open Educational Resources vereinen die beiden Teilbereiche der Anspruch, möglichst viele Menschen zu erreichen, die Tatsache, dass sie in großen Teilen öffentlich finanziert sind sowie die Gegebenheit, dass die Lehrmittel in größten Teilen keiner zentralen Kontrolle oder Regulierung unterliegen. Diese Faktoren erleichtern möglicherweise das Aufgreifen von OER durch Institutionen und Lehrpersonal. Dabei treten allerdings die verschiedenen Bildungsträger, aber auch die einzelnen Lehrenden in Konkurrenz zueinander, was dem kollaborativen Potenzial entgegensteht, das mit der Erstellung und dem Teilen von OER einhergeht.

? Nach oben

Berufliche Weiterbildung: Wo OER an Grenzen stoßen

Die berufliche Weiterbildung wird zum Teil auch von Trägern der Allgemeinen Erwachsenenbildung abgedeckt. Im Unterschied zu allgemeinen Bildungsangeboten stehen hier jedoch für Berufstätige bzw. Arbeitgeber verwertbare Angebote im Mittelpunkt, die unter überprüfbaren Qualitätskriterien durchgeführt werden und idealerweise in ein Zertifikat oder einen anderen formal dokumentierten Abschluss münden. Besondere Anforderungen werden hier an Anbieter der Fernlehre gestellt, deren Lehr- und Lernmaterialien unter einer gesetzlichen Zulassungspflicht stehen, also behördlich geprüft und genehmigt werden müssen.
In den Bereich der beruflichen Weiterbildung fällt auch die innerbetriebliche Weiterbildung, die unternehmenseigene und externe Weiterbildungsangebote umfasst. Letztere sind vor allem durch einschlägige Branchenverbände bzw. Weiterbildungsverbände in Einrichtungen der privaten Hand organisiert.

Durch die vergleichsweise starke Fokussierung auf Standards und standardisierte Materialien in Durchführung und Abschluss von Bildungsmaßnahmen sind OER in der beruflichen Weiterbildung bisher wenig bekannt oder verbreitet. Im Bereich der innerbetrieblichen Weiterbildung sind die Maßnahmen naturgemäß sehr arbeitsplatznah gestaltet, was zwangsläufig die Einbeziehung von Unternehmens-Interna und Betriebsgeheimnissen in solche Bildungsmaßnahmen mit sich bringt. Dieses Vorgehen ist mit dem Anspruch an Öffnung von Lehr- und Lernmaterialien als OER nicht oder nur schwer vereinbar. Eine strategisch geschickte und gezielt gesteuerte (Teil-) Öffnung und (Teil-) Veröffentlichung von Materialien kann sich jedoch auch im Bereich der betrieblichen Weiterbildung positiv z.B. auf das Unternehmensimage auswirken und einen Vorteil im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte bedeuten.

? Nach oben

Wissenschaftliche Weiterbildung: Fitmachen für die Wissensgesellschaft

Durch den Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft und die damit einhergehende Beschleunigung von Erzeugung, Aktualisierung und der Veraltung von Wissen hat wissenschaftliche Weiterbildung an Bedeutung gewonnen. Hierunter fallen laut Definition der Kultusministerkonferenz Bildungsmaßnahmen, die nach dem ersten Bildungsabschluss und meist nach einem erfolgten Einstieg ins Berufsleben in Anspruch genommen werden. Träger sind oft entsprechende Einrichtungen an Hochschulen, welche zum größten Teil in der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. organisiert sind. Didaktisch liegen die Angebote auf Hochschulniveau, sie sind in der Regel kostenpflichtig und die Gebühren oft beträchtlich. Vor dem Hintergrund der Tatsachen, dass alle Hochschulen in der Regel eine digitale Lernplattform für Studierende bereitstellen und sich das Prinzip der Offenheit vor allem im Bereich der Forschung inzwischen zunehmend durchsetzte (hier: „Open Access“), scheint eine Passung mit dem Konzept von OER gegeben zu sein. Der Verbreitung von OER im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung steht jedoch unter Umständen eine hochschulübergreifende Kultur entgegen, die auf Seiten der Lehrenden und Dozenten eher individualistisch und weniger kollaborativ geprägt ist. Hinzu kommt, dass die erwähnte Finanzierung der Angebote über Teilnahmegebühren auf Seiten der Anbieter einen starken Wettbewerb um die zahlungswillige Kundschaft fördert. Aus diesen Gründen scheinen OER in diesem Bereich bisher nur eine geringe Rolle zu spielen. Eine gelungene Öffnung der Materialien in der wissenschaftlichen Weiterbildung böte auf der anderen Seite die Chance, von der Kundschaft als Qualitätsmerkmal im Sinne von Transparenz und Nachhaltigkeit wahrgenommen zu werden. Wenn dann Materialien in ihrer Bedeutung als Alleinstellungsmerkmal für Anbieter abgeschwächt werden, entsteht Raum für einen Wettbewerb um gutes Weiterbildungspersonal als Qualitätsmerkmal, von dem letztendlich alle Beteiligten profitieren könnten.

? Nach oben

Literatur & Quellen

Schöb, S. et al. (2015). Information und Vernetzung – Bedarfe und Erwartungen von Lehrkräften an online-gestützte Fortbildungsangebote. Reihe texte.online. Bonn: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung. Abgerufen von www.die-bonn.de/doks/2015-erwachsenenbildner-01.pdf
Tippelt, R. (Hrsg.) (2005). Handbuch Erwachsenenbildung. 2. überarb. u. aktualis. Aufl. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwesen.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Jan Koschorreck, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE), für OERinfo – Informationsstelle OER.