Geschäftsmodelle

Darf man mit OER Geld verdienen? Oder sogar ein Geschäft aufziehen? Oder sollen offene Bildungsmaterialien, um offen zu bleiben, aus unentgeldlichem und ehrenamtlichen Engagement entstehen?

Und wie verhält es sich mit den Kosten, die rund um OER anfallen? Auf diese Fragen haben wir Antworten gesucht.

Das „offen“ bei Open Educational Resources (OER) wird sehr häufig mit „umsonst“ gleichgesetzt. Denn Kosten bedeuten Zugangsbeschränkungen, die dem Gedanken der Offenheit entgegenstehen. OER und Geschäftsmodelle scheinen sich so auf dem ersten Blick zu widersprechen.

Tatsache ist aber, dass bei der Erstellung und Bereitstellung von OER Kosten entstehen, die mit unterschiedlichen Finanzierungs- und Geschäftsmodellen aufgefangen werden müssen. Denn wenn sich OER in der Breite durchsetzen soll, kann dies nicht nur mit ehrenamtlichen Engagement geschehen. Sachkosten und Personalkosten fallen bei vielen Arbeitsschritten im OER-Prozess an und bedingen je nach Bildungsbereich unterschiedliche Geschäfts- und Finanzierungsmodelle.

1. Produktion

Beim Erstellen von OER gilt es Autor*innen zu vergüten. Handelt sich hierbei um Lehrende an Institutionen wie Schule oder Hochschule, kann das Honorar über die Arbeitszeit abgegolten werden, z.B. durch eine Freistellung wie es das digital.learning.lab in Hamburg praktiziert.

Auch bei betrieblichen OER können Mitarbeiter*innen dafür abgestellt werden. Zudem wäre es in der beruflichen Bildung möglich, dass Branchenverbände das Erstellen von OER finanzieren, die der Aus- und Weiterbildung ihrer Fachkräfte zu Gute kommen.

Bei freien Lehrkräften in der Erwachsenenbildung sieht es wiederum anders aus: Das Erstellen von Lernmittel so wie der größte Teil der Unterrichtsvorbereitung werden nicht extra vergütet. Die selbsterstellen Lernmaterialien sind zudem das Kapital, auf dem die freiberufliche Lehrtätigkeit beruht. Sie ohne Honorar frei zur Verfügung zu stellen, kommt für viele nicht in Frage. OER werden höchstens als Appetithappen monetarisiert, um z.B. Werbung für sich und die eigenen Seminarkonzepte zu betreiben.

Natürlich können alle Bildungssektoren auch eine externe Erstellung von OER beauftragen und entsprechende Honorare dafür bezahlen. Eine Finanzierung könnte durch Zuschüsse der öffentlichen Hand im Rahmen von OER-Förderprogrammen gesichert werden, wie z.B. beim VHS-Ehrenamtsportal teils geschehen.

Im schulischen Bereich wäre es auch denkbar, einen Teil des Lehrmittelaufwands für OER bereitzustellen, um den sich dann Verlage bewerben können, wie es z.B. in Norwegen praktiziert wird . Möglich wäre auch eine Rückvergütung von OER-Schulbüchern, die anfällt, wenn sie im Unterricht genutzt werden.

Ein alternativer Weg ist die Erstellung und auch die Bereithaltung von OER über Spenden zu finanzieren, die von Nutzeri*innen, Unternehmen und Stiftungen entrichtet oder über Crowdfunding generiert werden.

Ein weiteres Marktsegment bei der OER Produktion sind Autorentools mit denen sich einfach OER erstellen lassen. Ein Beispiel dafür ist der Online-DienstTutory. Diesen Dienst gibt es in einem Freemium-Modell, bei dem in der kostenlosen Version nur bestimmte Features zur Verfügung stehen. In der Premium-Variante gibt weitere grafische Elemente und die Möglichkeit, unbegrenzt Arbeitsmaterialien speichern zu können.

2. Qualitätsmanagement

Bei der Qualitätssicherung von OER wird Personal für die Prüfung von eingereichten OER und für die Beratung bei der Erstellung von OER benötigt. Auch hier kann in Bildungseinrichtungen über Freistellung von Personal bzw. durch die Einrichtung neuer Personal- oder Projektstellen, finanziert durch öffentliche Förderung, Abhilfe geschaffen werden. Je nach Bedarf lassen sich auch Agenturen und Dienstleister buchen, die Aufgaben bei Schulungen und Qualitätskontrolle übernehmen und dies als Geschäftsmodell anbieten.

3. Vertrieb

OER werden in der Regel digital bereitgestellt. Zu dieser Infrastruktur gehören Repositorien zum Hochladen der OER, Schnittstellen, die einen Austausch zwischen Plattformen ermöglichen, sowie Redaktionssysteme und -software. Kommerzielle Anbieter von Softwarelösungen unterstützen Bildungsinstitutionen dabei, OER-Plattformen für Schulen und Hochschulen länderspezifisch und länderübergreifend aufzubauen.

4. Marketing

Um OER bekannter zu machen und bestehende OER-Angebote zu verbreiten, sind öffentlichkeitswirksame Aktivitäten von Nöten wie Newsletter, Veranstaltungen, Podcasts, Informationsseiten, Fachtagungen etc. Sie werden in der Regel flankierend zu Projekten gefördert oder als Teil einer Repositoriumsstrategie finanziert.

5. Endkunden

Auch wenn OERs für Nutzer*innen kostenfrei sind, gibt es in diesem Bereich Geschäftsmodelle. Monetarisierungen finden meistens bei der Vergabe von Zertifikaten statt. Die große amerikanische MOOC-Plattform edx bietet Einzelzertifikate für Kurse ab 45 EUR an. Neben den freien Kursen können aber auch kostenpflichtig Weiterbildungen und sogar Online-Masterabschlüsse erworben werden, für die reguläre Studiengebühren um die 25.000 EUR anfallen.

Linktipps zu OER und Geschäftsmodellen

Auf OERinfo kommen zahlreiche Experten zum Thema Geschäftsmodelle zu Wort. Martin Weller stellt im Podcast die mit Dominic Orr durchgeführte Studie vor, in der die beiden Wissenschaftler Voraussetzungen für nachhaltige Geschäftsmodelle von Open Education an Hochschulen untersucht haben.

Im Video, das auf der OER16 entstand, diskutierten Experten aus Verlagen und Bildungsmedienagenturen darüber, welche >Geschäftsmodelle zur nachhaltigen und dauerhaften Finanzierung von OERihre Geschäftsmodelle zu OER und sprechen darüber, wie die Zukunft der OER-Geschäfte aussehen kann.

OER-Fachexpert*in

Im Rahmen der Ausbildung zur/m OER-Fachexpert*in gibt es eine Einheit zur Entwicklung von Geschäftsmodellen zu OER. Darin stellen Entwickler*innen ihre Geschäftsmodelle vor sowie wird gezeigt, wie eigene Ideen mit dem Business Modell Canvas Ideen überprüft werden können. Die Lerneinheit steht nach Anmeldung kostenlos auf onCampus zur Verfügung.

OER Geschäftsmodelle als Karten

Doit, eine Initiative zur Förderung von Gründerkultur bei Jugendlichen, hat ein Kartenset entwickelt, das Kategorisierungen von Geschäftsmodellen im Bereich OER vornimmt und eine gute Vorlage für die Einschätzung von OER-Angeboten liefert.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name der Urheberin soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Sigrid Fahrer, DIPF OERinfo – Informationsstelle OER.
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Weitere Linktipps zu OER und Didaktik finden Sie beim Deutschen Bildungsserver










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