Inklusion

Ein breit gefasstes Inklusionsverständnis umschließt alle Lernenden und erkennt diese in ihrer Vielfalt als gleichberechtigt an. Für heterogene Lerngruppen ist es daher von großer Bedeutung, dass die eingesetzten Lehr- und Lernmaterialien eine Differenzierung ermöglichen.

Hier kommen Open Educational Resources ins Spiel. Als legal veränderbares Lernmaterial können sie bearbeitet, ergänzt, gemixt und verbreitet werden.

Wie kann OER inklusiven Unterricht unterstützen?

  1. OER lassen sich durch ihre 5V-Freiheiten an unterschiedliche Förderschwerpunkte und Bedürfnisse anpassen. Sie ermöglichen dadurch heterogenen Lerngruppen das gemeinsame Lernen an einem Gegenstand und können in viele Richtung differenziert werden: vom Leistungsniveau, von der Darstellung, der Strukturierung, der didaktischen Aufbereitung und auch von der Anpassung an verschiedene Beeinträchtigungen.
  2. OER ermöglichen Barrierefreiheit, da sie verändert werden können. Im Grunde trifft die Eigenschaft, anpassbar zu sein, den wesentlichen Kern von Barrierefreiheit. Denn barrierefreie Materialien können nie in allen Szenarien gleichermaßen funktionieren, z. B. ist eine Optimierung für alle Screenreader schwer zu realisieren. Was sie aber können sollten: sich an individuelle Bedürfnisse anzupassen.
  3. OER geben die Gelegenheit, Vielfalt und marginalisierte Perspektiven zu integrieren, die in sonstigen Lehrwerken zu kurz kommen. Damit können sie zu einer Normalisierung und Entstigmatisierung beitragen
  4. OER laden zum gemeinschaftlichen Arbeiten ein, sowohl als Kollaboration zwischen Lehrpersonen als auch unter Einbezug von Lernenden. Damit wird nicht nur das Versprechen von Gleichberechtigung in heterogenen Lerngruppen eingelöst, die auch zwischen Lehrkraft und Lernenden gilt. Zudem können Kursteilnehmenden davon profitieren, dass sie neue Vermittlungsmethoden wie „Lernen durch Lehren“ erfahren, die bestimmte Lernertypen besser unterstützen.

Was gibt es zu beachten?

  1. Barrierefreiheit vs. Openness: PDF ist ein beliebtes Format für die barrierearme Gestaltung von Dokumenten Allerdings lässt es nicht optimal weiterbearbeiten. Am besten ist es, Lernmaterial in verschiedenen Dateiformaten anzubieten – auch als offene Dokumente. Das lässt sich auch gut mit Open Source Software umsetzen, wie etwa Libre Office, das ganz besonders Wert darauf legt, möglichst barrierearm zu sein.
  2. Autorenwerkzeuge: Es gibt zahlreiche freie Autorentools, mit denen sich interaktive, digitale Lernmaterialien als OER erstellen lassen. In der Regel sind diese Autorentools aber nicht so konzipiert, dass sie von Menschen mit Beeinträchtigungen genutzt werden können. Das Spaltendesign bei Padlet z. B. ist für Screenreader nur schwer wiederzugeben.
  3. Metadaten: Metadaten helfen, OER besser auffindbar zu machen. Eine Kennzeichnung von OER z.B. als barrierearm oder schon differenziert aufbereitet, wäre eine große Hilfe für den Einsatz im inklusiven Unterricht. Leider wurde in diese Richtung bislang noch wenig unternommen.
  4. Sensibilisierung: Nicht nur Lehrpersonen aus dem Inklusionsbereich sollten für OER sensibilisiert werden, sondern auch umgekehrt OER-Produzierende dafür, wie Aspekte von Heterogenität und Vielfalt in die Erstellung und Verbreitung von OER einfließen können.

Links zu OER und Inklusion

Lesen inklusive

Studierende der Universität Bremen haben den Kinderbuchklassiker „Pünktchen und Anton“ von Erich Kästner für die Förderschwerpunkte „Lernen“ und „Wahrnehmung und Entwicklung“ aufbereitet. Neben dem Kinderbuch stehen auch Arbeitshefte zur Verfügung. Alle Materialien sind CC0 lizensiert und können als PDF-Datei heruntergeladen werden.

MOOC Vielfalt fördern

Der Massive Open Online Course (MOOC) der Lernlattform Oncampus gibt Lehrkräften Anregungen, wie sie im Unterricht mit Vielfalt und Heterogenität umgehen können. In fünf Lektionen zeigen Tamara Sturm-Schubert und Dr. Markus Richard Meyer Möglichkeiten zur individuellen Förderung auf. Der Kurs ist kostenlos und steht unter freier Lizenz.

Wörterbuch für leichte Sprache

Der Verein Hep Hep Hurra betreibt ein Wörterbuch für leichte Sprache als Wiki unter freier Lizenz. Unter dem Motto „Jeder darf die Wörter lesen. Jeder kann mitmachen.“ können alle das freie Wörterbuch nutzen und bearbeiten. Jeder Artikel beinhaltet eine kurze und längere Erläuterung des Begriffs, ein Bild sowie gleiche Wörter.

Vielfalt lernen-Wiki

Dieses umfassende Wiki bietet verlinkte Fachartikel, ein Glossar, Schulbeispiele, Filmbeiträge von Praktiker*innen sowie Literatur- und Linkverzeichnis zu Vielfalt und Heterogenität in Bildungskontexten. Insbesondere Lehrende sind zur Mitarbeit eingeladen.

Barrierefreiheit prüfen

Wer die eigenen OER-Materialien auf Barrierefreiheit prüfen möchte, findet auf der Ratgeberseite der Bundesfachstelle Barrierefreiheit eine Zusammenstellung von geeigneten Tools, mit denen sich Webseiten, PDF- und Office-Dokumente testen lassen. Daneben finden sich auch Leitfäden u.a. für barrierefreie Webinhalte und barrierefreie Onlinevideos. Die Materialien auf der Webseite stehen allerdings nicht unter offenen Lizenzen.

Literatur

Müller, Frank J.: “Inklusive Open Educational Resources. Wie frei verfügbare Bildungsmaterialien im Umgang mit Heterogenität helfen können“, Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 22, 4 / 2016. https://www.frank-müller.net/wp-content/uploads/2016/04/Mueller_160438.pdf

Reich, Klaus & Miesenberger, Klaus. (2011). „Barrierefreiheit – Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen“ https://www.researchgate.net/publication/277996453_Barrierefreiheit_-_Grundlage_gerechter_webbasierter_Lernchancen

Zhang et al.: „Accessibility within open educational resources and practices for disabled learners: a systematic literature review“, Smart Learning Environments 7: 1 (2020). https://rdcu.be/b2zRF

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name der Urheberin soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Sigrid Fahrer, DIPF OERinfo – Informationsstelle OER.










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