Systematisches OER-Mapping: Ergebnisse aus Elementar- und Berufsbildung

Mit einem systematischen Mapping untersucht OERinfo die Aktivitäten von Bildungsinstitutionen im Themenfeld Open Educational Resources (OER). Der Beitrag beschreibt erste Ergebnisse aus den Untersuchungen von 76 Institutionen aus der Elementar- und der Beruflichen Bildung. Die Ergebnisse zeigen Potenziale für den Community-Ausbau und geben einen Ausblick auf geplante Maßnahmen sowie die Weiterentwicklung der OER-Landschaft.

Ausschnitt einer Länderkarte, Fokus auf ein Schildchen in der Mitte mit der Aufschrift OER
Grafik: Johannes Appel via ChatGPT, gemeinfrei

Ein Beitrag von Johannes Appel

Hintergrund zum Vorhaben

Im Rahmen der aktuellen Förderlaufzeit entwickeln und realisieren wir bei OERinfo ein systematisches Mapping von potenziellen neuen OER-Communities. Ziel dieser Maßnahme ist es, neue Akteur*innen in verschiedenen Bildungsbereichen an das Thema Open Educational Resources heranzuführen und dadurch die Breite der OER-Landschaft in Deutschland nachhaltig zu erweitern. Von besonderem Interesse sind für uns dabei solche Bildungsakteur*innen, die bislang wenig oder keinen Bezug zu OER hatten.

In einem ersten Blogbeitrag „Ein systematisches Mapping von Communities in der Bildung“ im November 2023 wurde die konzeptionelle Grundlage des Mappings erläutert, während ein zweiter Beitrag „Das Systematic OER-Mapping von OERinfo: Aktueller Stand“ im Dezember 2024 Einblicke in die Vorgehensweise und die Analysemethode sowie erste Zwischenergebnisse bot.  

Methodisch basiert die Untersuchung auf einer angepassten Variante der Stakeholderanalyse, mit der einzelne Bildungsinstitutionen aus einem zugrundeliegenden Datensatz von Bildungsinstitutionen des Deutschen Bildungsservers systematisch betrachtet werden. Grundlage ist ein Kriterienraster, das neben einigen ergänzenden Informationen zwei zentrale OER-bezogene Merkmale der Institutionen erfasst: „Einflussgrad“ und „OER-Aktivitäten“. Besonders relevant ist dabei letzterer Aspekt, da er als Indikator für die Verbindung einer Institution mit dem Thema OER dient. Bewertet wird dies anhand einer Skala von „keine erkennbaren OER-Aktivitäten“ über „grundlegende“ und „erweiterte OER-Aktivitäten“ bis hin zu „Teilen/Verwalten/Veröffentlichen von OER“ und „Förderung von OER“, wobei einem festen Ablauf folgend so unterschiedliche Informationen wie u.a. die offizielle Website, Publikationen, Veranstaltungen, Projekte oder auffindbare OER/OER-Angebote als Anhaltspunkte herangezogen wurden (für weitere Infos siehe hier und hier).

Aktueller Analysedurchlauf: Elementarbildung und Berufliche Bildung

In diesem Beitrag stellen wir nun aktuelle Ergebnisse aus einem ersten Analysedurchlauf in den Bildungsbereichen der Elementarbildung und der Beruflichen Bildung vor. Überdies geben wir einen Ausblick auf die nächsten geplanten Schritte.

Für den aktuellen Analysedurchlauf haben wir ausgewählte Bildungsinstitutionen aus der Elementarbildung und der Beruflichen Bildung untersucht. Dies sind zwei Bereiche, die entsprechend dem aktuellen Kenntnisstand zur Verbreitung von OER bislang nur relativ wenige OER-Aktivitäten aufweisen. Die konkrete Auswahl der zu betrachtenden Institutionen konzentrierte sich dabei bewusst auf solche mit hohem Einfluss oder Signalwirkung innerhalb ihrer Bildungsbereiche. Dazu zählten etwa Ministerien, Verbände und Interessenvertretungen, Stiftungen und zusätzlich einige ausgewählte Hochschul- bzw. Forschungseinrichtungen.

Die Stichprobenauswahl erfolgte in einem mehrstufigen Auswahlverfahren. Zunächst unternahmen wir eine automatisierte Filterung des zugrundeliegenden Datensatzes (via Schlagworte) und eine daran anschließende Selektion besonders relevanter Institutionen. Im letztgenannten Schritt sind spezifische Informationen des Deutschen Bildungsservers zu den Bildungsbereichen einerseits und strategische Überlegungen zu den geplanten Anschlussmaßnahmen von OERinfo andererseits eingeflossen. Basierend darauf wurden in einem mehrwöchigen Arbeitsgang insgesamt 44 Institutionen der Elementarbildung und 32 Institutionen der Beruflichen Bildung mithilfe der erwähnten Analysemethode ausführlich betrachtet.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zu diesen 76 untersuchten Institutionen zeigen ein insgesamt vielfältiges Bild, mit deutlichen Unterschieden im Aktivitätsgrad rund um OER. Während in beiden Bildungsbereichen nur etwa ein Drittel der Institutionen OER-Aktivitäten erkennen lässt, zeigen in der Elementarbildung 70 % (d.h. 31 von 44 Institutionen) und in der Beruflichen Bildung 69% (d.h. 22 von 32 Institutionen) aktuell keine Hinweise auf OER-Aktivitäten. Daneben stehen in beiden Bildungsbereichen vereinzelte Institutionen, die OER bereits aktiv fördern oder selbst Materialien unter offener Lizenz bereitstellen. Darunter fallen vor allem Organisationen wie Ministerien oder Bundesinstitute.

Ein interessantes Teilergebnis ist zudem, dass es einige Institutionen gibt, die sich gewissermaßen „an der Schwelle“ zu OER bewegen. Zum einen zeigt sich das in Form von vereinzelten Erwähnungen des Themas auf der Homepage oder in Publikationen, oder durch das Anbieten von Materialien und Inhalten in begrenztem Umfang – etwa in Form von Download- oder Linklisten. Zum anderen zeigt es sich in Form von der Veröffentlichung oder Sammlung und Bereitstellung von sogenannten „OER-nahen Angeboten“. Mit diesem zusätzlichen Attribut haben wir im Verlauf der Analysen aufgrund des wiederholten Auftretens solche Institutionen versehen, die frei verfügbare Lern-/Bildungsinhalte anbieten, die aber keine offene Lizenzierung aufweisen und nicht explizit als OER benannt sind (z.B. in Form von Text-, Podcast-, Videoreihen oder Unterrichtsmaterialsammlungen). Solche Angebote wurden bei insgesamt 11 Einrichtungen in der Elementarbildung und 3 in der Beruflichen Bildung identifiziert.

Fazit

Die Ergebnisse machen deutlich: Während viele der betrachteten Bildungsinstitutionen noch keine Verbindungen zum Thema OER zeigen, gibt es zugleich dennoch einen nennenswerten Anteil an Einrichtungen, die sich inhaltlich zumindest in Richtung OER bewegen, oder gar eigene OER-Angebote bereitstellen. Gerade die „OER-nahen“ Aktivitäten liefern wertvolle Hinweise darauf, wo Anknüpfungspunkte für Weiterentwicklungen und auch für den Community-Aufbau bestehen. Institutionen mit bestehenden Angeboten oder Erfahrungen im Bereich OER (oder auf dem Weg dahin) könnten als Vorbilder oder Multiplikatoren wirken. Zudem können Institutionen durch gezielte Beratung beim Ausbau oder der Vertiefung ihrer OER-Aktivitäten unterstützt werden.

Die Analysemethode des systematischen Mappings hat sich dabei als hilfreiches Instrument erwiesen, um Unterschiede zwischen Institutionen sichtbar zu machen und potenzielle OER-Akteur*innen zu identifizieren. Die Ergebnisse werden in den kommenden Monaten mit der OER-Community weiter diskutiert und reflektiert, sowie zusätzlich an anderen Stellen dokumentiert.

Die wichtigsten nächsten Schritte für OERinfo als Community-Portal bestehen nun vor allem darin, die gewonnenen Erkenntnisse praxiswirksam werden zu lassen. Dazu gehört zum einen die Überführung relevanter Informationen in die OER World Map, um die Sichtbarkeit und Anschlussfähigkeit von „OER-aktiven“ Stellen zu erhöhen. Zum anderen sollen konkrete Anschlussmaßnahmen zur Community-Erweiterung geplant und umgesetzt werden. Zunächst ist der Austausch mit Vertreter*innen der Bildungsbereiche geplant, um mehr über die jeweiligen Ausgangslagen und Bedarfe zu erfahren. Darauf aufbauend wollen wir zielgerichtete Informations-, Beratungs- und Vernetzungsangebote anbieten.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Johannes Appel für OERinfo – Die Informationsstelle OER

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