Ein Meinungsbeitrag von jOERan Muuß-Merholz
Sind die Erwartungen an Open Educational Resources (OER) überzogen? Nein, argumentiert Jöran Muuß-Merholz in diesem Beitrag. OER seien zwar kein Allheilmittel – aber der zentrale Punkt ist ein ganz anderer.
OER ist nicht das Allheilmittel
„OER ist nicht das Allheilmittel“, wird bisweilen gesagt, um den Nutzen von OER zu relativieren. Abgesehen davon, dass auch kein mir bekannter Befürworter von OER jemals behauptet hätte, es handle sich um ein solches Allheilmittel, geht die Perspektive an der eigentlich entscheidenden Frage vorbei. Die wichtige Frage lautet: Kriegen wir die Herausforderungen im Bildungswesen mit OER oder ohne OER besser hin?
Mit oder ohne OER
Kurz zur Auffrischung: Wenn Materialien als OER freigegeben sind, dann sind damit die 5V-Freiheiten verbunden, dass Jedermann (!) Materialien zu jeglichen Zwecken (!) verwahren, vervielfältigen und verwenden, verarbeiten, vermischen und verbreiten zu können. Eine gut geeignete Lizenz dafür ist die CC BY-Lizenz.
Herausforderungen im Bildungsbereich
Schauen wir nun auf eine Liste von Herausforderungen, die im Bildungswesen anstehen. Als Beispiel dient der Bereich Hochschule in Deutschland. Aber die Argumentation lässt sich auch auf Schule oder andere Bildungsbereiche übertragen. Hier eine Liste der Aufgabenfelder, die für Hochschule in Gegenwart und naher Zukunft als besonders relevant gelten können. (vgl. z.B. Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK): Die Hochschulen als zentrale Akteure in Wissenschaft und Gesellschaft – Eckpunkte zur Rolle und zu den Herausforderungen des Hochschulsystems, Oktober 2016)
- Digitalisierung
- Finanzierung, Mitteleffizienz
- Heterogenität der Lernenden
- Internationalisierung
- Kooperation und Kollaboration
- Praxisorientierung, Projektarbeit, 4Ks
- Profilbildung, Öffentlichkeitsarbeit
- Qualitätssteigerung
- Studierendenzahlen
- Transfer, Öffnung, Dialog
- Urheberrecht
- Weiterbildung, lebensbegleitendes Lernen
Jeden einzelnen Punkt davon kann man nun unter die Lupe nehmen und sich fragen: Kriegen wir die Aufgaben in diesem Bereich mit OER oder ohne OER besser bewältigt, also mit Materialien, die alle frei verwahren, vervielfältigen und verwenden, verarbeiten, vermischen und verbreiten können – oder ohne OER, also mit Materialien, die diese Freiheiten nicht bieten.
Beispiel „Heterogenität der Lernenden“ – Nein, OER ist kein Allheilmittel, mit dem sich das Problem quasi von alleine erledigt. Aber wir können dieser Herausforderung sicher besser mit OER als ohne OER begegnen. Und in diesem Beispiel kann man jeden der oben genannten Punkte einfügen. Für jede Herausforderung im Bildungsbereich gilt: Die anstehenden Aufgaben sind mit OER besser zu bewältigen als ohne OER.
Was denken Sie?
Soweit der Meinungsbeitrag von jOERan Muuß-Merholz. Die Kommentare sind offen. Haben Sie Fragen? Weitere Punkte zum Thema? Oder Widerspruch? Wir freuen uns über jeden Beitrag, der der Meinungsbildung dient!