OE Global 2023 in Edmonton / Kanada – Q&A mit Konferenzteilgebenden (Teil 1)

Die OE Global ist weltweit eine der größten und wichtigsten Konferenzen für die Nutzung und Entwicklung von Open Education Resources. Durchgeführt wird die jährlich stattfindende Konferenz durch Open Education Global, einer mitgliederbasierten globalen, gemeinnützigen Organisation. Die Konferenz lädt Praktiker*innen, Studierende, Forschende und Entscheidungsträger*innen ein, ihre Praktiken zu teilen, zu Netzwerken und Kollaborationen anzustoßen. In diesem Jahr fand sie vom 16. – 18. Oktober in Edmonton/Kanada statt und wurde in Kooperation mit dem NorQuest College ausgetragen.

Unser Team war dort zu Gast und hat Konferenzteilgebenden und der Vorstandsvorsitzenden von Open Education Global jeweils drei Fragen zu Open Educational Resources gestellt. Mit der ersten Frage wollten wir wissen:

„Wie setzen Sie sich in Ihrer täglichen Arbeit für Open Education ein?“



Ein Interview mit Konferenzteilgebenden, durchgeführt von Dr. Johannes Appel und Luca Mollenhauer, übersetzt aus dem Englischen von Angela Karnoll


Susanne Erickson:
Nun, wir integrieren sie jetzt in so ziemlich alle unsere Kurse. Wir haben drei eBooks als OER für Studierende erstellt und pflegen sie regelmäßig, sei es durch Aktualisierungen oder durch Hinzufügen weiterer Überarbeitungen. Wir engagieren uns, indem wir offene Bildungsressourcen für unsere Studierenden erstellen und diese einsetzen.

Lisa Sturdy:
Und das macht zwei der Programme, die Susanne und ich unterrichten, lehrbuchfrei, es gibt also keine Lehrbücher.


Nick Baker:
Ich habe das Glück, mit einem Team zusammenzuarbeiten, das sich der Arbeit an offenen Dingen verschrieben hat. So haben wir Raum, um zu erforschen und darüber nachzudenken, wie offene Lösungen die Bildung und die Welt verbessern können. Wir machen also alles, von der Erstellung von OER bis hin zu Überlegungen über offene Pädagogik und wie man das in einem sehr traditionellen, konservativen Universitätsumfeld, das sich nicht sehr schnell bewegt, umsetzen kann, und welche Risiken und Vorteile die ständige Verwendung von OER mit sich bringt. Das ist es, was wir tun.


Michael McNally:
Ich versuche, bei allem, was ich tue, offene Bildung zu berücksichtigen. So bin ich an vielen verschiedenen Projekten beteiligt: Ich habe an einigen Lehrvideoprojekten mitgewirkt und versucht, diese offen zu lizenzieren. Auch versuche ich, OER in den Unterricht zu bringen. Im letzten Herbst habe ich einen Kurs unterrichtet und das Ergebnis war ein Lehrbuch, das die Studierenden auf der Grundlage ihrer Arbeit mitverfasst haben. Außerdem setze ich mich sowohl hier in Alberta als auch auf nationaler Ebene dafür ein, dass mehr staatliche Mittel für offene Bildungsressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit andere die Zeit und die Mittel haben, OER zu erstellen.


Kaitlin Schilling:
Rebus ist eine Organisation. Wir bieten verschiedene Dienstleistungen und Weiterbildungsprogramme für Pädagogen an, die mehr über die Erstellung oder Anpassung offener Bildungsressourcen erfahren möchten. Wir veröffentlichen auch Leitfäden mit offener Lizenz. So haben wir einen Leitfaden zur Erstellung von offenen Lehrbüchern für Studierende und einen zum Prozess der Veröffentlichung mit offener Lizenz. Außerdem haben wir dieses Jahr auch zwei Leitfäden über die Wirksamkeit und Fairness von OER sowie die Erstellung von OER veröffentlicht. Schauen Sie sich diese auf jeden Fall an, wenn Sie daran interessiert sind. Sie sind online und frei verfügbar.

Apurva Ashok:
Sie finden uns unter rebus.community, und ich möchte betonen, dass wir eine Wohltätigkeitsorganisation sind, also ist unsere Arbeit missions- und werteorientiert. Wir sind immer dankbar für Gelegenheiten, die uns zum Innehalten und Nachdenken veranlassen, so dass unsere Türen offen sind, wenn es Möglichkeiten zur Zusammenarbeit gibt und wenn Sie uns als Beratungspartner, als Top-Partner, der Ihnen bei den Herausforderungen hilft, vor denen Sie stehen, hinzuziehen wollen… um dieses Wort zu verwenden.

Johannes Appel:
Das klingt sehr gut, das Wort „offen“…. Die Türen sind offen, Bildung ist offen.


Gino Fransman:
Also, ich bin der Projektleiter für die Open-Education-Einflüsse an der Nelson-Mandela-Universität. Ich habe das Projekt ins Leben gerufen, ich habe es geleitet, ich habe Finanzierungen gefunden und wir haben eine recht ansehnliche Kohorte von Studenten, die das Projekt jährlich verlassen und dann Praktiker im Bereich Openess sind. Sie haben ihre Fähigkeiten entwickelt und gehen in ihre jeweiligen Berufsfelder mit Erfahrungen in Openess als Teil ihres Werkzeugkastens, was wunderbar ist.

Johannes Appel:
Welche Berufsfelder sind das?

Gino Fransman:
Das ist vielfältig, weil es bei Openess nicht um irgendein Fach geht. Es geht nicht mal rein um Bildung.

Johannes Appel:
Es ist universell.

Gino Fransman:
Ja, es geht nicht nur um höhere Bildung. Wissen Sie, was wir im Moment nicht genug sehen, ist offene Bildung im kommerziellen Bereich und in der Industrie. Es scheint, als hätten wir die offene Bildung für uns im Hochschulbereich beansprucht, als würden wir mit dem Finger auf die Verlage zeigen und die Sache mit dem Urheberrecht ansprechen… aber wir haben inzwischen fast ein Urheberrecht für die offene Bildung in der Hochschulbildung geschaffen und ich denke, dass wir diesen Zweig ausweiten sollten. Bei offener Bildung geht es um die Entwicklung von Fähigkeiten und das Engagement, das Akteure mit sich bringen.

Johannes Appel:
Ein breiteres Verständnis von Bildung…

Gino Fransman:
… und wie man Openess für das Allgemeinwohl nutzen kann. Nicht nur im Bildungsbereich, sondern zum Beispiel auch in der eigenen Community.


Kayla Lar-Son:
Als indigene Frau sind Kultur, Gemeinschaft, Souveränität und Regierungsführung für mich sehr wichtig, ebenso wie zeremonielle Praktiken und die Wiederbelebung meiner Sprache und meines eigenen Verständnisses. Außerdem ist mir die Arbeit an der Küste, die Arbeit mit der Coast Salish Bevölkerung[1] wichtig, um ein besseres Verständnis für ihre Gemeinschaftsprotokolle zu bekommen, da ich jetzt auf ihrem Land lebe. Vor allem in der offenen Bildungsgemeinschaft sehe ich meine Aufgabe eher in der Herausforderung, den Menschen zu helfen zu verstehen, dass Wissen nicht nur eine binäre Sache ist. Viele Menschen haben auch viele verschiedene Arten von Wissen. Ich arbeite in einer Institution, in einer Bibliothek, in der wir eine Menge Wissen verwalten, welches Gemeinschaften ohne Zustimmung entzogen wurde und das nun in großem Umfang an Einzelpersonen weitergegeben wird. Ich arbeite also mit Forschern, Studierenden und Gemeinschaftsmitgliedern zusammen, um ihr Wissen zurückzufordern, um es zurückzuführen und um besser zu verstehen, wie dieses Wissen der Gemeinschaften nach geteilt werden könnte.

Zudem führe ich aber auch Gespräche mit Forschern und Studierenden vor dem Hintergrund, dass dieses Wissen den Gemeinschaften im 19. Jahrhundert ohne ihre Zustimmung entzogen wurde. Ich frage sie, was dies für ihre Forschung bedeutet, wie sie diese Problematik innerhalb ihrer Forschung identifizieren. Wir sprechen aber auch darüber, wie sie wirklich wichtige Gespräche darüber in ihren Arbeiten führen und Gemeinschaften innerhalb der Arbeiten anerkennen.

Johannes Appel:
Sie nutzten also Ihre Macht als Bibliotheksmitarbeiterin, um andere zu ermächtigen…

Kayla Lar-Son:
Ja, als starke Frau, schätze ich, die einfach überall Probleme macht, egal, wohin sie geht :).


Perrine de Coetlogon:
Ich muss bei dem Tag anfangen, an dem ich Generalsekretärin der Digitalen Universität in Frankreich wurde. Ich habe herausgefunden, dass wir das Recht hatten zu sagen, dass die Inhalte für jeden zugänglich sein sollten, weil wir viele Lehrinhalte finanzierten. Und das ist der Grund, warum ich auch 14 Jahre, nachdem ich an die Hochschule gekommen bin, immer noch motiviert bin und mich dafür einsetze. 2015 ging ich zum französischen Ministerium für Hochschulbildung und wurde Digitalexpertin für offene Bildung in Europa und international. Auf diese Weise lernte ich Open Education Global kennen. Schließlich wurde ich in den Vorstand gewählt, dank der an Nachhaltigkeit interessierten Mitglieder. Aber ich bin nur ein Teil dieser Bewegung. Es gibt viele Lehrer und viele Menschen, die an diese Bewegung glauben.

Ich habe also, nachdem ich gewählt wurde und es dann den Lockdown gab, Open Education Global Francophone geschaffen. Ich habe mein Telefon genommen, alte Freunde und Kollegen angerufen, die von offener Bildung überzeugt sind, und sie haben ihre eigenen Freunde angerufen. Wir stellten jemanden ein, der auf Webmarketing spezialisiert ist, um auch andere Leute zu finden, die noch nicht von offener Bildung überzeugt sind. So haben wir dann im November 2020 eine zweitägige Webinarstrecke mit insgesamt 21 Webinaren erschaffen. Seitdem halten wir jeden Monat ein französischsprachiges Webinar ab. Die Teilnehmenden kommenden aus der ganzen Welt. Ich hatte auch schon Telefongespräche mit den Niederlanden und arbeite mit einem Kanadischen Lehrerenden und einem Mathematiklehrenden aus Kamerun, einem Tunesischen Mathematikprofessor und der Universität in Nantes zusammen. Ich selbst bin von der Universität in Lille und wir alle zusammen haben bereits die Webinare weiterentwickelt und unser Publikum gefunden.


Colin de la Higuera:
Es gibt zwei Antworten: Die erste ist lokal, d. h. wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten, um die Menschen um uns herum in Frankreich, aber auch an der Universität Nantes, davon zu überzeugen, sich uns anzuschließen. Wir müssen also jeden Tag versuchen, eine Person nach der anderen zu überzeugen. Und dann gibt es natürlich eine globale Agenda, bei der die UNESCO eine wichtige Rolle spielt. Wir arbeiten mit der UNESCO und anderen Organisationen zusammen, um die globale Agenda weiter auszubauen, darüber nachzudenken, was die Forscher hier wählen, und zu versuchen, Geld für diese Dinge zu finden.


 
[1] Gruppe indigener Völker an der Pazifikküste Nordamerikas und Kanadas

 
Weitere Beiträge aus dieser Reihe:

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text und das Video stehen unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Angela Karnoll, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation für OERinfo

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