Die OE Global ist weltweit eine der größten und wichtigsten Konferenzen für die Nutzung und Entwicklung von Open Education Resources. Durchgeführt wird die jährlich stattfindende Konferenz durch Open Education Global, einer mitgliederbasierten globalen, gemeinnützigen Organisation. Die Konferenz lädt Praktiker*innen, Studierende, Forschende und Entscheidungsträger*innen ein, ihre Praktiken zu teilen, zu Netzwerken und Kollaborationen anzustoßen. In diesem Jahr fand sie vom 16. – 18. Oktober in Edmonton/Kanada statt und wurde in Kooperation mit dem NorQuest College ausgetragen.
Unser Team war dort zu Gast und hat Konferenzteilgebenden und der Vorstandsvorsitzenden von Open Education Global jeweils drei Fragen zu Open Educational Resources gestellt. Mit Frage zwei wollten wir wissen:
„Lohnt sich das? Was sind die größten Vorteile von OER?“
Ein Interview mit Konferenzteilgebenden, durchgeführt von Dr. Johannes Appel und Luca Mollenhauer, übersetzt aus dem Englischen von Angela Karnoll
Susanne Erickson:
Der Titel unseres Vortrags lautete „Lohnt sich das?“, deshalb ist das eine super Frage. Wir haben sie in etwa 30 Minuten beantwortet – um es kurz zu machen: Ja, es lohnt sich absolut. Wir mochten es sehr, OER zu erstellen, die wir in unserem Kurs verwenden. Der kreative Aspekt war fantastisch. Es war eine großartige Arbeit und unsere Studierenden sehen definitiv die Vorteile. Im Wesentlichen sind alle Rückmeldungen, die wir bisher erhalten haben, dass die Studierenden Spaß an der Besprechung und der Interaktivität haben. Bisher haben wir großartige Erfahrung damit gemacht, OER in unseren Kursen einzusetzen.
Lisa Sturdy:
Ich denke, dass der Zugang zur Bildung dadurch erleichtert wird, dass man nicht zusätzlich zu den Studiengebühren für die Ressourcen bezahlen muss. Das ist definitiv ein großer Vorteil. Und auch wir als Lehrkräfte sehen den Vorteil, weil wir nicht auf die Verlage warten müssen, um unser Lehrbuch zu bekommen. Wir haben die Kontrolle über unsere Ressourcen, und wenn wir sie aktualisieren oder ändern wollen, können wir das sofort tun.
Nick Baker:
Absolut. Ich denke, immer wenn wir in offenen Räumen arbeiten, sind OER für alle Beteiligten von großem Wert. In diesem Bereich geht es darum, Bildung erschwinglicher und zugänglicher zu machen. Daran denken die meisten Menschen zuerst, aber eigentlich sind die offene Pädagogik und Praxis viel mehr eine menschenorientierte Herangehensweise an das Lernen. Das Lernen wird als ein Raum gesehen, in dem verhandelt wird und man gemeinsam mit den Studierenden etwas schafft, in dem sie sich intensiv am Lernprozess beteiligen. Das ist besser als ein reines Übermittlungsmodell, das von der Lehrkraft ausgeht. Man sieht bei Studierenden, die sich zum Beispiel an der Erstellung von offenen Lehrbüchern beteiligen, wie ich es mit meinen Studierenden durchgeführt habe, wie sehr sie es wertschätzen. Sie sind stolz, wenn sie sagen können: „In meinem Lebenslauf steht ein Buchkapitel, zu dem ich beigetragen habe“. Für einen Studierenden im Grundstudium ist das eine wunderbare Sache.
Michael McNally:
Ich denke, OER sind es absolut wert, erstellt und genutzt zu werden. Wissen Sie, ich arbeite in vielen verschiedenen Bereichen. In meiner Forschung geht es in erster Linie um ländliche Breitbandnetze, aber ich beschäftige mich auch mit dem Urheberrecht. Ich denke, dass alles, was wir für die Öffentlichkeit produzieren können, offen gemacht werden sollte, damit jeder davon profitieren kann. Wenn wir also mit offenem Material arbeiten und offene Lizenzen verwenden, kann jeder von dem Wissen profitieren, das oft mit öffentlichen Geldern bezahlt wird.
Kaitlin Schilling:
Ich finde, es lohnt sich. Ich denke, einer der größten Gewinne ist die Erkenntnis, dass OER über die Institutionen hinaus wirken können, z. B. in Form von bürgerschaftlichem Engagement und Bildung, die auf der Gemeinschaft basiert. Ich sehe also die Macht von OER über die Bildungssysteme hinausgehen.
Apurva Ashok:
Auf jeden Fall. Letztendlich geht es darum, den Zugang zu Wissen und Bildung zu ermöglichen. Dann können wir sehen, welche transformative Kraft die Bildung für die Menschen hat. Wenn man also die Vorteile des Aufbaus einer Gesellschaft betrachtet, die uns in eine neue, bessere Zukunft führen kann, dann gibt es überhaupt keinen Nachteil.
Gino Fransman:
Nun, da ich aus dem globalen Süden komme, denke ich, dass offene Bildung ein Zugang zu Wissen liefert. Das wiederum ist der erste Schritt zu Teilhabe. Wenn man keinen Zugang zu Wissen hat, wie können wir dann überhaupt in den Austausch treten? Ich denke, das ist eines der größten Vorteile von offener Bildung. Und in Kanada zu sein ist so tiefgreifendes Erlebnis, weil hier diese Zuwendung und Wertschätzung, die bei jeder Gelegenheit, jedem Ereignis, Gespräch und Brauch zum Ausdruck kommt, fast überall zu finden ist. Ich denke, dass offene Bildung eine Möglichkeit ist, Menschen andere Perspektiven zu eröffnen, die ihnen sonst nicht zugänglich wäre.
Kayla Lar-Son:
Ich denke, dass es vor allem für die indigene Gemeinschaft definitiv einige Vorteile hat, OER zusammen mit den indigenen Völkern zu erstellen oder es ihnen zu ermöglichen, OER zu erstellen. So können sie diese z.B. für die Wiederbelebung der Sprache, Lehrpläne der Elementar- bis postsekundären Bildung, aber auch für Siedler nutzen, um ihr Verständnis für die indigene Geschichte und die gelebten Erfahrungen hier, was jetzt als Kanada bekannt ist, zu erweitern. Wir haben viel darüber gesprochen, dass es Spannungen beim Wissensaustausch gibt, die auf kulturellen Protokollen und dem Verständnis darüber, wie Wissen geteilt wird, basieren. Ich denke, das ist der springende Punkt. Ja, OER lohnen sich, aber es erfordert ein sehr sorgfältiges Verständnis der Kultur, um in der Lage zu sein, OER zu erstellen. Deshalb ist der Aufbau von Beziehungen und die Konsultation der Gemeinschaft wirklich wichtig, insbesondere bei der Arbeit mit indigenen Völkern hier in Kanada.
Perrine de Coetlogon:
Offene Bildung ist ein Weg, um alle Bildungsinhalte besser zu verbreiten, indem man sich mit den Fragen des geistigen Eigentums auseinandersetzt, aber auch, indem man einfach zusammenarbeitet und kooperiert. Das ist für Lehrer und Studierende immer noch schwierig. Dennoch mag ich es sehr, wenn sie es dann tun und verstehen, dass sie einen besseren Einfluss auf die Lernergebnisse und das Lernen haben können, also auf die Lehrveranstaltungen selbst. Es ist wirklich etwas sehr Dynamisches und es macht Spaß, an offener Bildung zu arbeiten.
Colin de la Higuera:
Einen Vorteil, den wir hier sehen, weil wir uns gerade auf dem amerikanischen Kontinent befinden, sind die Kosten. Es liegt auf der Hand, dass wenn es Ressourcen gibt, die für die Studierenden weniger kostspielig sind, dazu beitragen kann, dass mehr Menschen ein Studium aufnehmen. Das ist in Europa weniger der Fall. In Europa haben wir Bibliotheken, die sehr gut ausgestattet sind, wir haben Regierungen, die in vielerlei Hinsicht ihre Bildung finanzieren. Wir haben also nicht genau die gleichen Probleme. Wir haben andere Probleme. Ich denke, das Hauptproblem bei der Öffnung der Bildung, also bei der Verwendung von offenen Bildungsressourcen, ist die Befreiung der Bildung. Wir befinden uns immer noch in einem System, in dem die Leute sich selbst ausbilden, nur für jetzt, für dieses Jahr. Im nächsten Jahr muss ich mich wieder weiterbilden, und wenn ich die Universität beendet habe, war’s das. Wir müssen uns offensichtlich auf ein System zubewegen, in dem die Bildung ein Leben lang andauert, und ich denke, dass die offene Bildung uns eine Reihe von Antworten für eine völlig andere Vision der Bildung gibt.
Weitere Beiträge aus der Reihe:
Ein Kommentar zu “OE Global 2023 in Edmonton / Kanada – Q&A mit Konferenzteilgebenden (Teil 2)”
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