Wie sich CC-Lizenzen zum Urheberrecht verhalten

Ein Einwand, der im Kontext von Open Educational Resources (OER) und Creative-Commons-Lizenzen (CC) gelegentlich vorgebracht wird, lautet sinngemäß: „Ich möchte mein Urheberrecht nicht verlieren, deshalb kommen CC-Lizenzen für mich nicht in Frage.“ – Der Gegensatz von Urheberrecht und CC-Lizenz, der in diesem Einwand aufscheint, ist jedoch so nicht zutreffend.

rote Lokomotive, die auf einem Streckennezt mit grünen, gelben und roten Schienen fährt. Fragen führen zu Ja/Nein/Jein/Antworten die Weichen stellen und letztlich zu einer der sieben Creative Commons-Lizenzen führen.
Welches ist die richtige CC-Lizenz für mich?, Grafik: Barbara Klute und Jöran Muuß-Merholz für wb-web, CC BY-SA 3.0

Ein Beitrag von Georg Fischer

Urheber*innen „verlieren“ durch eine Lizenzvergabe nicht das Urheberrecht an ihrem Werk. Vielmehr sind CC-Lizenzen ein Instrument zur Handhabung von Urheberrechten. Um zu verstehen warum, hilft ein Blick in die Architektur und den Grundgedanken von Freien Lizenzen wie Creative Commons.

Über Creative Commons

Die US-amerikanische Organisation Creative Commons bietet vorgefertigte Lizenzmodule für urheberrechtlich geschützte Werke an. Damit können Urheber*innen der Allgemeinheit bestimmte Nutzungsrechte für ihre Werke pauschal einräumen. Die vier verschiedenen Lizenzmodule BY (Namensnennung), SA (Weitergabe unter gleichen Bedingungen), ND (keine Bearbeitung) und NC (keine kommerzielle Verwertung) lassen sich zu sechs verschiedenen Lizenzen kombinieren. Außerdem gibt es die besonders permissive Lizenz CC0, die einer Werkfreigabe im Sinne der Gemeinfreiheit gleichkommt.

Kein Widerspruch zum Urheberrecht: Warum CC-Lizenzen auf dem Urheberrecht aufbauen und nicht dagegen arbeiten

CC-Lizenzen stehen nicht im Widerspruch zum Urheberrecht. Ganz im Gegenteil: Hat ein Werk keinen Schutz, ist es weder möglich noch nötig, es zu lizenzieren. Das Urheberrecht ist also von elementarer Bedeutung für die Vergabe von CC-Lizenzen. Ohne Urheberrecht würden diese gar nicht funktionieren: Sie würden ins Leere laufen und weder Lizenzpflichten noch -auflagen wären mehr durchsetzbar.

CC-Lizenzen sind vielmehr ein Instrument, um Urheberrechte zu handhaben. Mit ihnen muss ein*e Urheber*in nicht mit jedem Nutzer individuell Bedingungen aushandeln, sondern kann relativ genau festlegen, welche Werknutzungen sie Dritten erlaubt (und welche nicht). Der Nutzer muss nicht für jede Nutzung eine Erlaubnis einholen, sondern kann sich an den Lizenzvorgaben orientieren. Der urheberrechtliche Standard „Alle Rechte vorbehalten“ wird mit den standardisierten CC-Lizenz-Modulen zu „Manche Rechte vorbehalten“.

Vorteile für Urheber*innen und Nutzer*innen

CC-Lizenzen ermöglichen es der Allgemeinheit, Werke ohne persönliche Rücksprache oder Vereinbarung kopieren, bearbeiten, teilen und/oder kommerziell zu verwerten. Dennoch gibt man die urheberrechtliche Kontrolle über ein Werk nicht komplett ab. Mit dem BY-Modul beispielsweise legen Urheber*innen fest, dass sie Verwendungen und Bearbeitungen ihres Werkes zwar pauschal zustimmen, aber nur unter korrekter Namens- und Lizenznennung. Mit dem SA-Modul schreiben Urheber*innen vor, dass bearbeitete Fassungen nur unter der gleichen Lizenz weitergegeben werden dürfen. Hält sich ein Nutzer nicht an die Vorgaben, kann die Urheberin dies als Lizenzverstoß und damit als Urheberrechtsverletzung werten.

Auf diese Weise ermöglichen CC-Lizenzen, sofern gewünscht, einen Kontrollverzicht für bestimmte Nutzungen urheberrechtlich geschützter Werke – je nach Lizenz teilweise oder vollständig. Für den Einsatz von OER empfehlen sich dabei besonders die permissiven Lizenzen CC0, CC BY oder CC BY-SA.

Unterschiede zu gesetzlichen Lizenzen

Das Urheberrechtsgesetz sieht mannigfaltige Ausnahmen vom Werkschutz vor, darunter beispielsweise die Privatkopie, die Pastiche-Regelung, das Zitatrecht oder die 15%-Regel für Unterricht und Lehre. Solche Ausnahmen werden als „gesetzliche Lizenzen“ oder als „gesetzlich erlaubte Nutzungen“ bezeichnet. Anhand diverser Kriterien legen sie fest, wer, wie und unter welchen Umständen ein geschütztes Werk benutzen darf, ohne dafür die Zustimmung der Rechteinhaberin einzuholen.

Der Unterschied zwischen Lizenz und gesetzlich erlaubter Nutzung: Eine Lizenz wird gezielt von der Urheberin eingeräumt. Sie darf beispielsweise darauf verzichten, eine CC-Lizenz oder ein bestimmtes CC-Modul einzusetzen, es herrscht keine Pflicht zur Lizenzvergabe. Eine gesetzlich erlaubte Nutzung hingegen betrifft alle Urheber*innen, denn sie besteht von Gesetzes wegen. So kann sich zum Beispiel keine Urheberin gegen die Nutzung eines Werkteils im Rahmen des Zitatrechts wehren, sofern der Nutzer es korrekt angewendet hat.

Hinzu kommt: Eine eigens vergebene, permissive Lizenz geht weiter als alle gesetzlich erlaubten Nutzungen. Und sie ist zudem für die Nutzenden erheblich einfacher anzuwenden, weil diese die teils komplizierten Vorgaben der gesetzlichen Regelungen nicht zu beachten brauchen. Alleine über die gesetzlichen Nutzungserlaubnisse wären OER gar nicht realisierbar. So erlaubt beispielsweise die gesetzliche 15%-Regel lediglich, das Material dem engen Kreis aus Unterrichtsteilnehmer*innen zu Unterrichtszwecken zugänglich zu machen: Wer nicht dazugehört, darf im Rahmen der Regelung keinen Zugang haben. Eine permissive CC-Lizenz hingegen bietet hier deutlich mehr Offenheit: Sie beschneidet weder den Kreis der Nutzenden noch die Art der Werknutzung.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Georg Fischer, iRights.info für OERinfo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte beachten Sie auch unsere Datenschutzerklärung.