KI und OER: Wie gut passen sie zusammen?

KI-Technologien laden dazu ein, wie durch Zauberhand neue Texte, Bilder oder Musik generieren zu lassen. Unter bestimmten Umständen eignen sich KI-Schöpfungen gut als OER. Doch die Entwicklung ist dynamisch. Nicht auf alle urheberrechtlichen Fragen gibt es derzeit Antworten.

KI und OER: woman taking a selfie with her smartphone in the style of Monet in blue, green and yellow shades
Prompt: „woman taking a selfie with a smartphone in the style of Monet“, (via DALL-E), gemeinfrei

Ein Beitrag von Georg Fischer

Wie funktionieren KI-Technologien?

Technologien Künstlicher Intelligenz (KI) beruhen auf maschinellem Lernen. Dieser Vorgang wird auch „Training“ genannt. Grob heruntergebrochen funktioniert das Training so: Man führt der KI große Mengen an digitalen Informationen zu, in denen diese Muster erkennt. Auf Grundlage der massenhaft erkannten Muster kann die KI nach einer gewissen Lernphase selbst neue Muster bilden, die den erlernten ähneln beziehungsweise diese reproduzieren.

„Muster“ meint dabei, in welcher Form die jeweiligen Elemente angeordnet sind. Bei Bildern geht es um die Anordnung der Pixel, bei Text um die der Buchstaben (beziehungsweise Wörter), bei Musik um die der Töne. Ab einer bestimmten Sättigung an Informationen sind KI-Technologien in der Lage, musterbasierte Bilder, Texte oder Musikstücke zu generieren. Dafür braucht es meist Sprachbefehle, die ein Mensch formuliert (sogenannte „Prompts“).

Ein Prompt könnte zum Beispiel lauten: „Schreibe ein 50 Worte langes Gedicht über den Frühling in der Großstadt.“ Oder: „Erstelle ein Bild von einer deutschen Großstadt im Stil von Max Liebermann.“ Auch können mehrere Prompts, ähnlich wie bei einem Frage- und Antwortspiel, aufeinander folgen und dadurch genauere Anweisungen geben.

Weniger „intelligent“ – sondern vor allem massenhaft trainiert

Eine inhaltliche, „geistige“ Auseinandersetzung der bearbeiteten Informationen findet in derzeitigen KI-Technologien nicht statt. Deswegen ist auch der Begriff „Künstliche Intelligenz“ etwas zu hoch gegriffen. Die Programme sind nicht „intelligent“ im Sinne menschlicher Intelligenz. Sondern eher sehr gut informierte, massenhaft trainierte Technologien, die automatisiert Neues generieren können.

Derzeit sind verschiedene KI-Technologien im Gespräch: Bekannte Bildgeneratoren sind etwa Dall-E, Stable Diffusion oder Midjourney. In der Texterstellung ist aktuell vor allem GPT in der Anwendung (aktuelle Version: GPT4). In der Musik gibt es beispielsweise Soundraw oder Melobytes.

Künstliche Intelligenz und Urheberrechte

Wer das Recht aufs Urheberrecht hat

Im Urheberrecht findet sich in Paragraf 2 eine zentrale Regelung. Dort heißt es in Absatz 2:

Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen. (§ 2 Absatz 2 UrhG)

So kurz dieser Satz ist, er hat wichtige Konsequenzen für KI-Technologien: Der Schutz des Urheberrechts gilt nur für diejenigen Schöpfungen, bei denen ein oder mehrere Menschen maßgeblichen Anteil haben. Schöpfungen hingegen, die von Nicht-Menschen (wie Algorithmen, Maschinen oder Tieren) stammen, genießen grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz.

Technologien automatisierter Bild-, Text- oder Musikgenerierung erzeugen also keine urheberrechtsfähigen Schöpfungen. Auf diese Weise entstandene Bilder und Texte sind „gemeinfrei“ und nicht vom Urheberrecht geschützt.

Entsteht bei Bearbeitungen von KI-generierten Schöpfungen Urheberrechtsschutz?

Urheberrechtsschutz entsteht erst, wenn ein Mensch maßgeblichen Anteil bei der Herstellung des Kunstwerks hat. Dafür müsste der Mensch ganz wesentlich entscheiden, wie die Produktion gestaltet sein soll. Auch in diesem Falle kann aber nur dem Menschen, nicht aber der Technologie ein Urheberrecht zufallen.

Das geht etwa, indem ein Mensch die KI-Produktion auf originelle Weise bearbeitet. Die Hürde hierfür legt die sogenannte „Schöpfungshöhe“ fest. Die Schöpfungshöhe definiert das Mindestmaß an kreativer Eigenleistung. Sie markiert die untere Grenze für die Schutzfähigkeit einer menschlichen Schöpfung. Soll heißen: Ohne Schöpfungshöhe kein Urheberrecht.

Bild, Text, Musik: Wann Bearbeitungen von KI-generierten Schöpfungen urheberrechtsfähig werden

Wer ein KI-generiertes Bild in origineller Weise verändert, könnte ein Urheberrecht an der Bearbeitung erlangen. Dafür müsste man beispielsweise selbst einen originellen Hintergrund einfügen, tiefgreifende Kombinationen mit anderen Bildern und/oder andere starke individuelle Variation(en) vornehmen. Am Ende muss eine Bearbeitung mit individueller Eigenleistung stehen – simple Nachbearbeitungen wie Änderung der Farben oder des Bildausschnitts reichen dafür nicht aus.

Bei einem KI-generierten Text müsste man maßgebliche Umstellungen, Veränderungen oder Ergänzungen in Stil, Ausdruck oder Inhalt vornehmen. Die Nachbearbeitung muss eine persönliche geistige Schöpfung erkennen lassen, beispielsweise indem man den Inhalt eines Kochrezepts oder einer Anleitung in ein Gedicht überführt. Simple Satzaufteilungen, Kürzungen oder andere Maßnahmen auf niedrigem künstlerischem Niveau reichen indes nicht aus, um eigenen Urheberrechtsschutz an dem bearbeiteten Text zu erreichen.

Ähnliches gilt für die Musik: Für eine urheberrechtsfähige Bearbeitung braucht es Schöpfungshöhe, etwa durch kreatives Sampling, Weiterführung und -entwicklung von Melodien oder der Ausformulierung eines Loops hin zu einem kompletten Song samt Arrangement.

Auch die Auswahl aus einer Reihe von KI-generierten Vorschlägen reicht nicht für eine persönliche geistige Schöpfung. Die bloße Formulierung der Textbefehle, auf deren Grundlage eine KI eine Schöpfung kreiert, rechtfertigt nach derzeitigem Stand ebenfalls keine Schöpfungshöhe. Es ist aber zumindest prinzipiell denkbar, dass besondere originelle Textbefehle oder kreative Kombinationen dieser Textbefehle die Schwelle zur persönlichen geistigen Schöpfung erreichen und somit als Werke urheberrechtlichen Schutz genießen können.

Können KI-Schöpfungen auch Urheberrechte verletzen?

Ein solcher Fall dürfte derzeit eher unwahrscheinlich sein, sei aber der Vollständigkeit halber erwähnt. KI-Technologien reproduzieren Muster auf Basis von „Trainingsdaten“, das heißt aus bestehenden Werken. Es ist prinzipiell denkbar, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk ausschnittsweise in einer KI-generierten Schöpfung wieder auftaucht. Genaueres lässt sich derzeit aber noch nicht sagen, exakte Rechtsfolgen lassen sich nicht allgemein abschätzen, auch weil dies immer vom Einzelfall abhängt. Aktuell setzen sich die großen Vertretungen insbesondere von Verlagen und Urheber*innen dafür ein, das Training der KI-Technologien in bestimmten Kontexten zu lizenzieren.

KI-generierte Schöpfungen und Open Educational Resources (OER)

Grundsätzlich gilt: Der urheberrechtliche Status einer rein KI-generierten Schöpfung, die also nicht als „Werk“ im Sinne des Urheberrechts zählt, ist gemeinfrei. Oder mit anderen Worten: Man braucht in einem solchen Fall keine urheberrechtlichen Beschränkungen zu beachten und darf die KI-Schöpfung völlig frei verwenden. Das macht KI-generierte Schöpfungen für OER und damit für den offenen Einsatz in der Bildung prinzipiell interessant.

Trotz der Gemeinfreiheit empfehlen sich einige Punkte beim Einsatz von KI-generierten Schöpfungen: Zwar ist es urheberrechtlich nicht verpflichtend, eine Quelle der KI-generierten Schöpfung anzugeben. Ein Hinweis schadet aber nicht und hilft im besten Falle. Der Hinweis könnte beispielsweise umfassen: Die verwendete KI-Technologie, das Entstehungsdatum und den dafür formulierten Befehl. Die Informationen könnte man beispielsweise in die Metadaten der Datei abspeichern und/oder als maschinenlesbaren Hinweis nahe am Werk anbringen. Das ist hilfreich, um den Entstehungskontext einschätzen zu können und im Sinne der Transparenz mit dem Befehl (oder einer Variante davon) weitere Schöpfungen herzustellen. Bearbeitungen, Montagen, Ergänzungen, Kürzungen, Ausschnitte oder andere überarbeitende Maßnahmen sollte man zudem ausweisen.

Urheberrechtsfähige Bearbeitungen als OER per CC0 oder CC BY lizenzieren

Bearbeitungen, die eine persönliche geistige Schöpfung erkennen lassen und die damit als solche Urheberrechtsschutz erlangen (siehe oben), sollte man für den weiteren Einsatz als OER möglichst offen lizenzieren. Hier bieten sich die der Gemeinfreiheit nachempfundene Lizenz Creative Commons Zero (CC0) oder diejenige mit Namensnennung (CC BY) an. Beide ermöglichen eine rechtssichere Nachnutzung und weitere Bearbeitung, sofern man die Lizenzbedingungen beachtet.

Gemeinfreie Werke sind nicht auf den Einsatz in Bildungskontexten wie Schule, Hochschule oder Fortbildungen begrenzt. KI-generierte Schöpfungen können auch in kommerziellen Kontexten Berücksichtigung finden (zum Beispiel bei kommerziellen Fortbildungsveranstaltungen).

Nutzungsbedingungen der Angebote durchsehen kann aufschlussreich sein

Die Entwicklung von KI-Technologien ist derzeit sehr dynamisch: Neue Versionen erscheinen im Takt weniger Wochen oder Monate. Unter Umständen kann es vorkommen, dass die Nutzungsbedingungen einer KI-Technologie bestimmte Nutzungen vertraglich ausschließen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich daher mit den Nutzungsbedingungen vertraut machen und diese nach Klauseln durchsehen.

Hinweis: Dieser Beitrag ist Teil einer Kooperation von iRights.info, dem Deutschen Bildungsserver und OERinfo.

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Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Georg Fischer, iRights.info für OERinfo

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