Warum braucht offene Bildung eine eigene Sprache? Wie LiaScript OER befördern kann

Ob ein Quiz, eine Visualisierung von Daten oder eingebettete Videos in einem Kurs – OER-Enthusiasten starten oft mit großen Ideen, die jedoch häufig an mangelnden technischen Fähigkeiten und unterschätztem Aufwand scheitern. Wie können also auch Personen, die keine umfangreichen Kenntnisse im Programmieren haben, niederschwellig interaktive Lehrmaterialien erstellen? LiaScript macht es möglich! LiaScript ist ein alternativer Interpreter, der speziell für Bildungsinhalte entwickelt wurde und die leicht verständliche Auszeichnungssprache Markdown verwendet.

KI-generiertes Bild, Mittig Rosetta Stein, drum herum Menschen verschiedener Ethnien/Herkunft, die alle Bücher und Hefte in der Hand halten, Schauplatz erinnert an eine Bibliothek
Eine eigene Sprache für OER?, Bild: Easy Peasy.AI via easy-peasy.ai (Größenverhältnis und Seitenränder geändert von Angela Karnoll), CC BY 4.0

Ein Beitrag von André Dietrich und Sebastian Zug

(Hinweis: Dieser Artikel ist eine gekürzte und leicht veränderte Version dieses Blogbeitrags: https://github.com/LiaPlayground/Warum-offene-Bildung-eine-Sprache-braucht)

Wenn es bei der Erstellung von visuell attraktiven und interaktiven OER an technischem Know-how fehlt oder der Gedanke aufkommt, dass es ein riesiges Durcheinander mit verschiedenen Versionen geben könnte, enden die meisten Projekte leider in statischen und weniger offenen Formaten wie PDF, Word-Dokumenten, Bildern oder PowerPoint-Präsentationen. Dabei kann man zwar als Einzelner noch Änderungen vornehmen (die Zusammenarbeit von Autorenteams sei hier noch ausgelassen), Videos und Podcasts sind jedoch Einwegprodukte, und bei Webseiten steht man oft komplett außen vor. Im schlimmsten Fall verursachen das Hosting (Blog/LMS/etc.) oder die Erstellung von Apps sogar noch Kosten, die man selbst tragen muss.

KI-generiertes Bild, Große Steintafel, auf die ein Steinzeitmensch Algebra-Formeln schreibt
Steinzeittafeln, Bild: André Dietrich via DALL-E, (KI-generiert), gemeinfrei

Partizipation, wie wir sie uns wünschen und wie wir sie aus der Open-Source-Welt kennen, ist so eigentlich nicht möglich. Und zynisch betrachtet ist die PDF die Steintafel des Digitalen Zeitalters: statisch, optimal für Printmedien (jedoch nicht zum Lesen auf einem Smartphone geeignet), nicht interaktiv und nur schwer veränderbar. Das entspricht natürlich nicht dem Kern von offenen Bildungsmaterialien, nämlich die leichte Veränderbarkeit und Möglichkeit zur Verbreitung. Wenn wir uns an der Open-Source-Bewegung orientieren, können viele kleine Projekte mit der Zeit und durch eine organisierte und dezentrale Teilhabe vieler über Jahre hinweg wachsen. Wie funktioniert so etwas?

Über die Ökonomie von Open-Source-Projekten

Ki-generiertes Bild, Große Lagerhalle mit einem riesigen Tresor, mehrmals sieht man den Slogan Access Denied, ganz oben steht "Schulbuch-Verlag"
Tresor der Schulbuch-Verlage, Bild: André Dietrich via DALL-E, (KI-generiert), gemeinfrei

Ein Punkt ist klar: Alle, die an einem Open-Source-Projekt mitarbeiten, haben ein gemeinsames Ziel. Sie nutzen eine Bibliothek oder App zu ihren eigenen Zwecken und geben einen Teil ihrer Wertschöpfung zurück. Wenn große Unternehmen wie Facebook oder Microsoft Open-Source-Projekte veröffentlichen, dann sind die vielen Freiwilligen eine enorme Macht, die nicht nur Fehler finden, sondern auch Erweiterungen einbringen sowie Tests und Dokumentationen schreiben. Sie profitieren selbst davon.

KI-generiertes Bild , Sanberge im Hintergrund, eine Turm mit Bücherregalen, Heißluftballons, Krane, Menschen die am PC arbeiten im Vordergrund
Turmbau zu Babel mit Büchern, Bild: André Dietrich via DALL-E, (KI-generiert), gemeinfrei

Stellen wir uns vor, große Bildungsverlage in Deutschland würden ihre Inhalte unter einer freien Lizenz als OER/OS-Projekt ins Netz stellen, sodass viele Lehrende und Lernende gemeinsam an den Materialien arbeiten könnten oder ihre eigenen Versionen daraus stricken. Undenkbar! Warum ist das so?

Weil Open-Source-Projekte etwas haben, das OER (noch) nicht hat: eine gemeinsame (Programmier-)Sprache. Eine Sprache, in der sich Communities um kleine oder riesige Projekte entwickeln, sei es das Linux-Betriebssystem, der Firefox-Browser, KI-Projekte oder Bildungsapps.

Bunte Tabelle mit 10 x 6 Feldern, innerhalb der einzelnen Felder sind Logos zugeordnet
2021 Global Learning Landscape, Grafik: Holon IQ via globallearninglanscape.org, , CC BY 4.0

Neben der Sprache gibt es noch eine weitere Zutat, die es erlaubt, die Arbeit unzähliger Autoren zu organisieren, zu versionieren und zu orchestrieren. Hierzu wird ein dezentrales Versionsverwaltungstool genutzt, das git heißt, mit GitHub.com als größter Plattform. Reviewsysteme, Diskussionen, automatisierte Tests (Rechtschreibung) und vieles mehr sind hier bereits integriert.

Was hat die E-Learning-Community oder edTech dem entgegenzusetzen? Richtig, eine schier nicht enden wollende Anzahl an Plattformen, Tools und Formaten, die uns mehr und mehr auseinandertreiben und isolieren, als zusammenzubringen. Wer weiß schon, dass auf Moodle XY, welches an der Schule ABC in Weißenfels gehostet wird, ein*e Lehrer*in einen ähnlichen Kurs entwickelt wie ich …

LiaScript – Eine Sprache für OER entsteht

Die Idee für LiaScript entstand 2017 im „Industrial eLab-Projekt„. Darin ging es um die Entwicklung von Online-Laboren für die Lehre in den Ingenieurwissenschaften. Wir suchten nach einer Möglichkeit, schnell und einfach Lehrinhalte im Team zu produzieren. Markdown als eine einfach zu erlernende und bereits etablierte Markup-Sprache (Englisch für „Auszeichnungssprache“) bot sich hier als gemeinsame Grundlage an. HTML (HyperText Markup Language) ist auch eine Markup-Sprache, jedoch um ein Vielfaches komplizierter. Markdown ist mittlerweile ein Standard für Blogging (JAM-Stack) oder die Dokumentation von IT-Projekten (GitHub), mit Editoren in Moodle und Co.

Sie nutzen vielleicht sogar schon Markdown, ohne es zu wissen. Versuchen Sie mal die folgende Nachricht über WhatsApp zu verschicken und schauen, was passiert:

`Teig`
_Tomaten_ und _Käse_
~keine Salami~

Mithilfe solcher Annotationen ermöglicht Markdown einfache Formatierungen wie Code, Kursiv, Fett und Durchgestrichenes in Texten zu verwenden. Diese können auch miteinander kombiniert/verschachtelt werden. Texte lassen sich ähnlich einfach strukturieren:

Visuelle Metaphern & Quizze

Ihr könnt euch Markdown als eine Art „visuelle Metapher“ vorstellen, um die Struktur von Texten und weiteren Elementen zu beschreiben. Eure Leinwand ist eine einfache Textdatei und eure Pinsel die Tastatur. Kein Klicken und Erinnern komplizierter Sequenzen mit unterschiedlichen Menüs, sondern einfach nur schreiben und sehen, was passiert. Dies war auch unser Kerngedanke bei der Entwicklung von LiaScript, um die Didaktiker*innen im Team mit ins Boot zu holen. Wir wollten die visuelle und einfache Sprache von Markdown erweitern und mehr interaktive Elemente hinzufügen, die sich nahtlos in die Markdown-Sprache einbetten lassen.
Das folgende Beispiel zeigt eine einfache „To-do“-Liste:

Wir haben diese To-do-Listen einfach weiter entwickelt, um auch Quizze und Umfragen in unsere Lehrmaterialien einzubinden. Die Didaktiker*innen konnten so Feedback von den Studierenden einholen bzw. den Fortschritt beobachten.

Die obere eckige Darstellung erinnert an Check-Boxen, wie sie in HTML verwendet werden. Für Single-Choice-Quizze würde man runde Radio-Buttons verwenden, wobei man nur eine Option auswählen kann.

Mehr Quiz-Typen

Spinnt man diese Idee weiter, indem man doppelte Klammern [[…]] für Quizze verwendet, so lassen sich in Kombination mit anderen Markdown-Elementen noch eine Vielzahl weiterer Quizze in Form von Lückentexten, Auswahl-Optionen, oder Matrix-Quizzen erstellen, zum ein Beispiel ein German Grammar Test. LiaScript bietet noch weiter Möglichkeiten, um Hilfestellungen zu geben oder zusätzliche Optionen, mit denen Quizze einfacher gestaltet oder konfiguriert werden können.

Umfragen

Für Umfragen (Lückentexte sind hier ausgenommen) verwendeten wir die gleiche Syntax. Hier wird das Ergebnis jedoch nicht mit einem X markiert, sondern Optionen vorgegeben, unter denen die Auswahl gespeichert werden soll:

Der Vorteil bei dieser Art Lerninhalte zu entwickeln war, dass es von uns ohne Konfigurationsaufwand und im Team erstellt werden konnte: Die Informatiker kümmerten sich um die Lehrinhalte und die Didaktiker bereiteten die Umfragen und die Quizze zum Prüfen des Wissensstandes vor.

Multimedia

YouTube bietet eine Vielzahl von Lehrmaterialien. Diese können aber nicht direkt in Markdown eingebunden werden, da die meisten Markdown-Viewer JavaScript oder die Einbettung fremder Inhalte über IFrames verbieten. Um solche Inhalte ebenfalls nutzen und sie in den Kurs einbinden zu können, haben wir wie zuvor die Syntax erweitert. Das folgende Beispiel zeigt zunächst die allgemeine Syntax Markdown, um Verweise und Bilder einzubinden; danach kommen die LiaScript Erweiterungen:

Die zwei Fragezeichen deuten an, dass der Inhalt irgendwie eingebunden werden soll. Dabei werden von LiaScript browserseitig verschiedene Strategien genutzt, um zum Beispiel Simulationen von Phet, 3D-Modelle von SketchFab, oder Schaltungen von Falstad einzubetten. Das interne Vorgehen von LiaScript haben wir in einem Blog-Beitrag näher erläutert.

An diesem Punkt fragen sich vielleicht viele: Wo werden die Daten/Zustände in LiaScript gespeichert? Die Antwort ist einfach: direkt im Browser der Nutzer*innen. Moderne Browser verfügen über eingebaute Datenbanken wie IndexedDB, die wir nutzen, um die Kurse und alle zugehörigen Informationen zu speichern. Mit LiaScript ist es daher nicht notwendig, Daten um den gesamten Globus zu senden und in einer zentralen Datenbank zu speichern. Stattdessen funktioniert LiaScript dezentral. Wissen kann auch offline geprüft werden, sprich, jeder Nutzer kann die Lehrmaterialien in seinem eigenen Tempo und völlig anonym durchgehen. Im Industrial-eLab-Projekt haben wir diese Daten zu Forschungszwecken weiter verwendet.

Erweiterungen und Makros

Makros sind eine hervorragende Möglichkeit, wiederkehrende Aufgaben zu vereinfachen und zu automatisieren. Kurz gesagt, handelt es sich hierbei nur um Text-Substitutionen, die an beliebigen Stellen eingefügt werden können. Hierfür wird einfach in einem HTML-Kommentar zu Beginn des Dokuments ein Befehl/Name definiert, gefolgt von allem, was eingefügt werden soll. Wie in anderen Programmiersprachen auch, so können diese auch in LiaScript parametrisiert werden. Hierbei werden im Makro-Körper, die zu ersetzenden Stellen mit @0..9 gekennzeichnet:

Importieren von Erweiterungen

Natürlich will keiner immer alle Befehle hin und her kopieren. Wie man es von einer Bibliothek gewohnt ist, so können solche Makro-Sammlungen mithilfe einer @import Anweisung einfach in den aktuellen Kurs integriert werden. Im folgenden Beispiel wird ein anderes Dokument importiert, das es erlaubt, ABC-Notation zum Erstellen von musikalischen Notenblättern einzubetten.

Und für wissenschaftliches Publizieren gibt es auch Erweiterungen, die ihr nutzen könnt, z.B. ein Literaturverzeichnis.

Weitere Features

Unterschiedliche Darstellungsformate

Da Informatiker dazu neigen, Arbeit zu optimieren und automatisieren, haben wir in LiaScript die Funktion integriert, ein Dokument entweder seitenweise wie ein normales Buch zu lesen oder Animationsschritte einzubinden. So kann dasselbe Dokument sowohl als Foliensatz in Vorlesungen als auch von Studierenden im Buch- oder Präsentationsmodus mit eingebauter Sprachausgabe genutzt werden. Moderne Browser bieten heutzutage Text-to-Speech-Funktionen, deren Qualität je nach Gerät, Betriebssystem und Browser variieren kann. Wir möchten hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber unser Video bietet eine kurze Zusammenfassung der Nutzung. Ähnlich wie bei Quizzen wird alles, was mit Animationen oder Sprachausgabe zu tun hat, durch zwei geschweifte Klammern `{{}}` gekennzeichnet.

ASCII-Art

ASCII-Art steht für „American Standard Code for Information Interchange“-Art, eine grafische Designtechnik, bei der Bilder, Symbole oder Texte durch die Aneinanderreihung von Zeichen aus der ASCII-Zeichentabelle erstellt werden. Diese Kunstform, die auf den frühen Tagen der Computertechnologie zurückgeht, hat ihren Ursprung in der Notwendigkeit, grafische Darstellungen auf Geräten mit begrenzten grafischen Möglichkeiten zu erzeugen.

In LiaScript kann ASCII-Art auf kreative Weise eingesetzt werden, um visuelle Darstellungen direkt in Texten zu integrieren. Dies kann besonders nützlich sein, um beispielsweise einfache Diagramme, Skizzen oder Symbole zu erstellen, ohne dass externe Bilddateien erforderlich sind. Natürlich können LiaScript und Markdown auch nahtlos mit ASCII-Grafiken kombiniert werden. Dadurch lassen sich interessante Kombinationen mit Quizzen generieren, aber auch Animationen. Die LiaScript-Elemente müssen nur mit Hochkommas „markiert“ werden:

Automatische Visualisierungen

Datensätze in Tabellen werden automatisch analysiert und anhand verschiedener Regeln wird versucht die beste Darstellung zu finden. Dafür wechselt ihr auf die Tabellenansicht, sortiert die Spalten um und beobachtet, wie sich die Visualisierung anpasst.

Formeln

In LiaScript können Formeln auf einfache Weise in Markdown-Dokumenten eingefügt werden, indem man auf die bewährte LaTeX-Syntax zurückgreift. Diese Syntax erlaubt es, mathematische Ausdrücke klar und präzise darzustellen, was besonders in wissenschaftlichen und technischen Texten von großer Bedeutung ist.

Die Inline-Schreibweise wird verwendet, um Formeln direkt in den Fließtext einzufügen. Dies geschieht, indem der mathematische Ausdruck zwischen zwei Dollarzeichen ($…$) eingefügt wird. Diese Methode ist ideal für kürzere Formeln oder einfache mathematische Ausdrücke, die sich in einen Satz einfügen lassen. Für komplexere oder umfangreichere Formeln, die eine eigene Zeile beanspruchen sollen, verwendet man die Block-Schreibweise. Hierbei wird der mathematische Ausdruck zwischen zwei doppelten Dollarzeichen ($$…$$) eingefügt. Die Formel wird dann zentriert und deutlich hervorgehoben.

JavaScript überall

Was wir von Anfang an integrieren wollten und was wir immer noch als ein verstecktes Juwel von LiaScript ansehen, ist die Nutzung von JavaScript. Wir haben uns hierbei von Bret Victor inspirieren lassen.

Wir haben die Verwendung von JavaScript dahingehend neu interpretiert. Freie <script>-tags können in LiaScript überall im Text auftreten. Im Gegensatz zu Jupyter Notebooks, bei denen Text um den Code herum geschrieben wird, wird in LiaScript der Code als Inhalt in den Text oder anderen Stellen eingebettet. Die Ausführung eines Scripts kann dabei ein Ergebnis haben, das direkt angezeigt wird. Das ist anders als in JavaScript, wo der Code lediglich das Dokument von außen manipuliert und Änderungen vornimmt, die für den Nutzer oder Leser schwer zu interpretieren sind.

Wie sieht das nun speziell aus? Im einfachsten Fall können Berechnungen, die man nicht selbst durchführen möchte, innerhalb eines solchen Skripts ausgeführt werden:

Wenn wir uns nun aber vorstellen, wie viele Lehrmaterialien aktuelle Klima-, Wirtschafts- oder Gesellschafts-Daten verwenden, wird deutlich, wie wichtig es ist, dass diese Daten nicht nur korrekt, sondern auch aktuell sind.
Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Kalenderberechnung:

Dieses Dokument wird ab jetzt immer die tatsächliche Anzahl an Tagen anzeigen und entsprechend korrekt formatieren. Der hervorgehobene Hintergrund signalisiert, dass dieser Text bzw. diese Zahl durch die Berechnung eines Skripts entstanden ist. Der/Die Nutzer*in hat auch die Möglichkeit, durch einen Doppelklick den jeweiligen Code zu inspizieren und zu verändern. Man muss den Ergebnissen von Berechnungen, die in einem Dokument zusammengefasst wurden, also nicht blind vertrauen, sondern kann diese auch selbstständig nachprüfen und eigene Berechnungen durchführen.

Dezentralisierung

Zuletzt möchten wir noch klären, wie ihr Kurse teilen könnt, wenn sie dezentral gespeichert und entwickelt werden. Dafür wird lediglich die URL der reinen Textdatei benötigt, die entweder auf eine Version auf GitHub/GitLab verweist (kostenlos) oder von den OER-Ersteller*innen selbst gehostet wird.

Um auf die reine Markdown-Datei zuzugreifen, klickt man entweder auf die entsprechende Datei und dann auf den kleinen Button „Raw“ und erhält die folgende URL: https://raw.githubusercontent.com/LiaPlayground/Warum-offene-Bildung-eine-Sprache-braucht/main/README.md Der main-Branch (Hauptzweig) des Projekts wird nun genutzt und die Datei README.md wird heruntergeladen. Wie bereits erwähnt, könnte man auf GitHub so auch auf andere Versions-Zweige oder frühere Versionen zugreifen. Was jetzt noch fehlt ist, dass diese URL als Parameter an die LiaScript-Webseite übergeben wird. Dies sieht dann so aus: https://liascript.github.io/course/?https://raw.githubusercontent.com/LiaPlayground/Warum-offene-Bildung-eine-Sprache-braucht/main/README.md

Die LiaScript-Webseite ist eine sogenannte PWA (Progressive Web App), eine reine JavaScript-Applikation, die auch auf dem Endgerät installiert werden kann. Durch den URL-Parameter wird die App angewiesen, die Markdown-Datei, die sich hinter der URL befindet, lokal im Browser des Benutzers herunterzuladen, zu analysieren und live anzuzeigen (zu rendern). Das erste Laden kann etwas länger dauern, da zunächst die gesamte Struktur analysiert wird. Das Ergebnis wird im Browser selbst in IndexedDB gespeichert, sodass auch offline darauf zugegriffen werden kann. Klickt man im Inhaltsverzeichnis auf Home-Screen, so wechselt man auf die Index-Darstellung.

Hier kann jeder besuchte Kurs wieder aufgerufen und im Stoff fortgefahren werden. Die LiaScript-Seite ist also vielmehr ein Reader/Interpreter für LiaScript-Markdown als eine klassische Webseite. Die Kursinhalte können weiter aktualisiert werden, und der Reader prüft nur bei erneutem Laden, ob sich die Version geändert hat. Wir aktualisieren die Website/Interpreter, und ihr aktualisiert den Inhalt.

Warum nun also LiaScript?

Wir sind der Überzeugung, dass OER keine weitere Plattform, kein weiteres Learning Management System oder Authoring-Tool benötigt, das OER-Ersteller*innen nur weiter voneinander trennt. Stattdessen brauchen wir eine einfache Sprache, die von jedem genutzt und erweitert werden kann. Wir brauchen eine Sprache, in der Teams gemeinsam an Inhalten, Funktionalität und Darstellungen arbeiten können. Ein weiterer Vorteil gegenüber Plattformen und Tools: Nutzer*innen können ihre Kreativität frei entfalten, eigene Funktionen und Erweiterungen mithilfe dieser Sprache entwickeln und sind nicht in festen Eingabemasken und Strukturen gefangen.

Auch die Dezentralisierung kann hier Innovation fördern, indem sie Experimentierfreude und lokale Anpassungen ermöglicht, ohne dass das Scheitern eines einzelnen Projekts das gesamte System gefährdet. Eine dezentrale Herangehensweise könnte zudem die Erstellung von offenen, gemeinschaftlich genutzten Ressourcen begünstigen, die frei zugänglich sind und von der gesamten Bildungsgemeinschaft weiterentwickelt werden können. Dies würde nicht nur die Nachhaltigkeit der Projekte verbessern, sondern auch die Demokratisierung des Wissens fördern.

Zusammengefasst bietet LiaScript folgendes:

  • Zugänglichkeit: Jeder kann Materialien mit einem einfachen Texteditor erstellen oder bearbeiten. Es ist keine spezielle Software erforderlich.
  • Interaktivität: Fügt Quizze, Simulationen und Videos direkt in eure Dokumente ein, um das Lernen spannender und effektiver zu gestalten.
  • Kollaboration: Durch die Nutzung von GitHub könnt ihr gemeinsam an Projekten arbeiten, Änderungen nachverfolgen und verschiedene Versionen eines Dokuments verwalten – alles in einer für Nicht-Techniker verständlichen Form.
  • Dezentralisierung: Eure Inhalte sind nicht an eine spezielle Plattform gebunden. Sie können frei geteilt und angepasst werden, wodurch eine echte Gemeinschaft um das Lernen herum entsteht.

Die Dezentralisierung in Kombination mit Git und GitHub/GitLab/Bitbucket bietet zudem eine ganz andere Form der Nachhaltigkeit: Keine Zwischenversion geht verloren und kann als Kurs wieder aufgerufen und hergestellt werden. Jeder, der Git oder ein anderes Versionsverwaltungstool nutzt, verfügt lokal über die gesamte Historie eines Projekts. Sollte GitHub morgen offline gehen, so verfügen alle Beteiligten immer noch über den kompletten Stand und können immer noch Änderungen einfügen und die Versionen untereinander synchronisieren, ohne GitHub als zentrales Repository.

Wo fange ich an?

Wer sich jetzt von den vielen Funktionen erschlagen fühlt und fragt, wo beginne ich, wie kann ich einen Kurs erstellen und teilen, der/die sollte sich als Einstieg die LiaScript-Webseite anschauen, die wir kostenlos auf GitHub hosten: https://liascript.github.io Hier findet ihr weitere Informationen und auch die Dokumentation, die ebenfalls als LiaScript-Kurs verfasst wurde, sowie Anregungen und Neuigkeiten in unserem Blog. Daneben haben wir noch einen YouTube-Kanal, auf dem wir regelmäßig neue Funktionen und Anwendungsbeispiele vorstellen. Wer sich direkt in die Tiefe stürzen will, dem empfehlen wir, sich neben den Shorts auch die in LiaScript übersetzte und aufgezeichnete interaktive Dokumentation anzusehen.

Das gesamte Projekt ist auf GitHub gehostet. Ihr könnt uns dort gerne Feedback geben, Fehler melden oder auch eigene Erweiterungen einbringen. Für schnelle Antworten und Diskussionen haben wir auch einen Chat auf Gitter.


Weiterführende Links:

– Download Video: Erstellung und Hosting interaktiver Lehrinhalte an der TU-Bergakademie in Freiberg (Punkte = Dateien,  Männchen = eine Person, die eine Datei verändert, hinzufügt oder löscht; Quelle: https://github.com/TUBAF-IfI-LiaScript/)
– GitHub Beginner Tutorial
– Die Geschichte von git
Video: Erste Schritte mit LiaScript
Blog: LiaScript und ChatGPT

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: André Dietrich und Sebastian Zug, LiaScript, für OERinfo

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