Was offen sein sollte: deutsch-türkisch-osmanische Geschichte

Im Projekt Reise in die Moderne sollen die Bewegungen von Reisenden in eine virtuelle Umgebung gebracht werden, um die deutsch-türkisch-osmanische Geschichte zu erschließen. Dabei sollen Perspektiven aus beiden Ländern auf die politischen, sozialen und kulturellen Lebenswelten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt und so national-geschichtliche Narrative aufgebrochen werden. Dafür werden einzelne Biografien vorgestellt, über die sich Ereignisse, Orte und Kontexte erschließen.

historischer Wagon mit Holzverkleidung an historischem Bahnsteig
Reise in die Moderne, Bild: Institut für Diaspora- und Genozidforschung der Ruhr-Universität Bochum, CC BY-SA 3.0 DE

Ein Beitrag von Philipp Goldt

In den vergangenen Jahren sind Fragen nach nationaler Identität wiederholt lauter geworden. Damit verbunden sind auch häufig Abgrenzungen von anderen national konstruierten Kollektiven, die nicht selten mit geschichtsrevisionistischen Narrativen verbunden sind. Da Geschichte und Identität fest miteinander verbunden sind, wollen wir mit Reise in die Moderne einen Beitrag zu dieser Historie leisten. In unserem von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) geförderten Projekt möchten wir national-geschichtliche Erzählungen aufbrechen und den Versuch wagen, eine deutsch-türkisch-osmanische Verflechtungsgeschichte zu entwerfen. Dabei sollen Perspektiven aus den jeweiligen Nationen übereinandergelegt werden und so einen gemeinsamen Blick auf historische Ereignisse bieten.

Geschichte von „unten“

Zentral in unserem Projekt sind die von uns vorgestellten Biografien. Dort sind Personen abgebildet, die nicht zu den „großen“ Politker*innen und Persönlichkeiten ihrer Zeit zählen. Wir erzählen also eine Geschichte von „unten“, die interaktiv auf verschiedenen Pfaden erkundet werden kann. Die Nutzer*innen können in interaktiven H5P-Einheiten selbstgesteuert die Lebenswege der Personen erkunden und – wenn sie ein Inhalt stärker interessiert – mehr dazu in Erfahrung bringen. Wir ergänzen unser Angebot durch sog. Thementexte. Dort behandeln wir einige konkretere Themen, die die deutsch-türkisch-osmanische Geschichte betreffen. Darüber hinaus haben wir eine interaktive Karte auf unserer Webseite, auf der die Reiserouten der Personen abgebildet sind. Zum Einstieg können die Nutzer*innen durch eine 360°-Tour an Bord eines restaurierten Waggons des Orient-Express gehen und mit uns die Reise beginnen.

Einsatz in der Schule

Unsere Webseite ist insbesondere auch für Schulen bzw. Schüler*innen interessant. Auf unserer OER-Plattform gibt es auch – am Kernlehrplan für die Einführungsphase (EF) in Nordrhein-Westfahlen orientiert – eine Unterrichtsreihe zur sog. „Armenischen Frage“ im Deutschen Kaiserreich. Dabei werden zwei Positionen vorgestellt, die in der deutschen Öffentlichkeit populär waren, dargestellt durch Ernst Jäckh und Johannes Lepsius.

Ernst Friedrich Wilhelm Jäckh und Johannes Lepsius waren zwei deutsche Akteure, die sich während den Verfolgungen und dem Genozid an den Armeniern damit befasst haben, wie insbesondere die Regierung des Deutschen Reichs sich verhalten soll. Einige Deutsche, wie Johannes Lepsius, haben sich z. B. dafür engagiert, dass die deutsche Regierung die Zensur der Berichterstattung unterlässt und sich für das verfolgte Volk der Armenier einsetzt. Andere, wie Ernst Jäckh, haben hier einen anderen Weg eingeschlagen und eine Linie vertreten, die eher der türkischen und deutschen Regierung entsprach. Mittels dieser Einheit sollen Schüler*innen u.a. ihre Kompetenzen darin erweitern, Stellung nehmen zu können in Debatten um die Rolle der Deutschen während des Genozids an den Armeniern.

Warum OER?

Historisch-politische Bildung kann nur dann effizient zum Tragen kommen, wenn sie offen und nachhaltig implementiert wird. Daher haben wir uns bewusst dafür entschieden, mit unserer Webseite eine OER-Plattform aufzubauen. Unsere Inhalte sind frei verfügbar und zugänglich und darüber hinaus ist uns daran gelegen, unsere Webseite möglichst barrierefrei zu gestalten. Zudem begreifen wir unsere Bildungsplattform insofern als nachhaltig, als dass unsere Inhalte lange Zeit verfügbar bleiben, wiederverwendet und vervielfältigt werden können. Dementsprechend ist unser Projekt prinzipiell ressourcensparend angelegt.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Philipp Goldt, Institut für Diaspora- und Genozidforschung, Ruhr-Universität Bochum (RUB), für OERinfo – Informationsstelle OER.

3 Kommentare zu “Was offen sein sollte: deutsch-türkisch-osmanische Geschichte

  • Es ist ja schön, dass der genannte Kurs offen lizenziert ist. Aber er ist nicht offen zugänglich für Menschen, die nicht an der RUB studieren!

    Antworten
  • Philipp Goldt :

    Hallo Karl,

    es kann vorkommen, dass die 360°-Tour auf der Startseite nicht über den Browser Safari funktioniert. Wir empfehlen einen anderen Browser zu nutzen und arbeiten derzeit an dem Problem. Alle anderen Inhalte sollten offen zugänglich sein.

    Liebe Grüße

    Philipp von Reise in die Moderne

    Antworten

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