Offene Bildung ist mehr als freie Materialien – Ein Beitrag zu Open Educational Practices

In der OER-Strategie des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) heißt es „Neue Kooperationen entwickeln: Von OER zu Open Educational Practices (OEP)“. Aber sollte die Überschrift zum zweiten Handlungsfeld nicht eher lauten: von Open Educational Practices zu OER? Das BMBF will ausdrücklich gemeinsame Entwicklungsprozesse unterstützen, die sich durch eine Kultur des Teilens und des Austauschs auszeichnen. Dieser gemeinsame Entwicklungsprozess von wirksamen Lehr- und Lern-Konzepten setzt aber bereits vor der Veröffentlichung von OER an und sollte in der Etablierung von OER unter dem Begriff OEP Berücksichtigung finden.

Ein Beitrag zu Open Educational Practice: der Analyserahmen für Participatory Educational Practices: Dimensions of teaching and learning, Forms of Participation
Ein Analyserahmen für Participatory Educational Practices, Bonny Brandenburger, nicht unter freier Lizenz

Ein Beitrag von Bonny Brandenburger

Konkret geht es bei OEP, in einem breiten Begriffsverständnis, um Praktiken und Vorgehensweisen, die innovative, didaktische Modelle und offene Lehr- und Lernpraktiken hinsichtlich Zugänglichkeit, Inklusion, Transdisziplinarität und Partizipation fördern. Dabei können im Ergebnis dieses Prozesses freie Bildungsmaterialien als OER entstehen. In einem breiten Begriffsverständnis ist OEP aber nicht nur an die Veröffentlichung und Weiterverwendung von OER gebunden, sondern steht vielmehr für eine allgemeine, offene Pädagogik und Didaktik.

OEP umfasst demnach eine offene Kultur des Lehren und Lernens, in der OER einbettet sein kann. OEP sollte im Diskurs um OER deshalb nicht als ein nachgelagerter Prozess von OER verstanden werden, sondern vielmehr als Obergriff entsprechende Aufmerksamkeit erhalten.

Ein Analyserahmen für Participatory Educational Practices

Um eine breite Anwendung von OEP in der Hochschullehre seitens der Dozierenden unter einem partizipatorischen Gesichtspunkt voranzubringen, hat die Autorin in ihrer Forschung ein didaktisches Werkzeug für ko-konstruktive Lehr- und Lernpraktiken entwickelt. Dieser Analyserahmen für Participatory Educational Practices führt zum einen die Partizipationsausprägungen in der Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden in einem partnerschaftlichen Verständnis und zum anderen die einzelnen Dimensionen von Lehr- und Lernprozessen (wie z.B. Ziele, Methoden, Evaluation) zusammen.

Anwendungsszenarien des Analyserahmens für Dozierende

Um eine breite Anwendung von OEP unter dem Aspekt der Partizipation in der Hochschullehre voranzubringen, hat die Autorin in ihrer Forschung ein didaktisches Werkzeug für ko-konstruktive Lehr- und Lernpraktiken entwickelt. Hierbei handelt es sich um einem Analyserahmen für Participatory Educational Practices. Dabei führt sie zum einen die Partizipationsausprägungen zwischen Dozierenden und Studierenden in einem partnerschaftlichen Verständnis und zum anderen die einzelnen didaktischen Dimensionen von Lehr- und Lernprozessen (wie z.B. Ziele, Methoden, Evaluation) zusammen.
Für Dozierende lässt sich dieses Werkzeug sowohl für die Prozess- und Rahmenplanung als auch für die Evaluation von Lehr- und Lerneinheiten einsetzen. In der Rahmenplanung kann mittels dieses Analyserahmens geschaut werden, wie die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden symmetrisch zugunsten einer durchgängigen Beteiligung der Studierenden ausgerichtet werden kann.

Außerdem kann mittels des Analyserahmens für Participatory Educational Practices eine bestimmte Lehrveranstaltung entsprechend in seinen einzelnen Dimensionen und Merkmalen erläutert und als OER-Lehr- und Lernkonzept der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Andere Dozierende aus ähnlichen Fachdisziplinen können dieses Konzept dementsprechend nutzen und weiterentwickeln.

Dieser Analyserahmen schafft zudem für Lehrende ein Reflektionswerkzeug, mit dem sie die Partizipationsmöglichkeiten in ihrem Unterricht reflektieren ggf. in Zukunft unter geeigneten formalen Bedingungen weiter offen gestalten können.
Mit Blick auf die Herausforderungen, die uns bei der Erstellung und (Weiter-)Verwendung von OER aus kultureller Sicht begegnen, ermöglicht der Analyserahmen für Participatory Educational Practices ein erstes Werkzeug, um die ko-konstruktive Gestaltung von freien und offenen Bildungsmaterialien in die Breite zu tragen. Dabei werden nicht nur Lehrende, sondern auch Lernende in ihrer gestaltenden Rolle berücksichtigt. Es stellt einen weiteren Meilenstein im noch zu eng geführten Diskurs um OEP dar und kann beispielsweise auch als Grundlage für die Beratung des Hochschulpersonals für eine zeitgemäße und hochwertige Lehr-und Lernpraktiken (bspw. in Richtung Peer-Learning) eingesetzt werden.

Das Open Educational Practices Self-Assessment-Tool

Derzeit arbeitet die Autorin außerdem an einem frei zugänglichen Open Educational Practices Self-Assessment-Tool für Dozierende, welches zur eigenen Reflexion anregen soll, indem es den Öffnungsgrad in der Lehr- und Lernpraxis transparent macht und Handlungsempfehlungen ausgibt. Wer Interesse an dem Tool oder weiteren Infos zum Forschungsvorhaben hat,
meldet sich gerne bei bonny [dot] brandenburger [at] wi [dot] uni-potsdam [dot] de

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name der Urheberin soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Bonny Brandenburger, Universität Potsdam, für OERinfo – Informationsstelle OER.

2 Kommentare zu “Offene Bildung ist mehr als freie Materialien – Ein Beitrag zu Open Educational Practices

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