Jan Neumann, Koordinator des OER-Atlas’ 2016 im Interview
Der OER-Atlas 2016 wird als Publikation einen aktuellen Überblick über die OER-Landschaft im deutschsprachigen Raum bieten. Die Daten zu Akteuren und Projekten werden in Zusammenarbeit mit dem Projekt OER World Map erhoben und auch als Buch veröffentlicht. Im Interview erklärt Jan Neumann, wie der OER-Atlas funktioniert und wer seine Arbeit dort vorstellen kann.
Transferstelle für OER: Jan, was ist der OER-Atlas?
Jan Neumann: Man kann sich den OER-Atlas als eine Art „Gelbe Seiten” für OER vorstellen. Unser Ziel ist es, möglichst allen deutschsprachigen OER-Initiativen Raum für eine aussagekräftige Selbstdarstellung zu geben. Darüber hinaus wird es einen Übersichtsteil geben, in dem z.B. Statistiken zum Stand der OER-Bewegung in den DACH-Ländern zu finden sein werden. Ziel des Atlasses ist es, einen Überblick über die vielen guten OER-Angebote zu geben, die es zum Teil ja bereits seit Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt. Damit soll der Atlas in erster Linie politische Entscheider in ihrer Arbeit unterstützen, die enthaltenen Daten sind aber auch für andere Zielgruppen hilfreich, z.B. für die OER-Bewegung selbst, die den Atlas nutzen kann, um sich effektiver zu vernetzen.
Transferstelle für OER: Was ist die „OER World Map“ und was hat sie mit dem OER-Atlas zu tun?
Jan Neumann: Die OER World Map ist ein von der Hewlett Foundation gefördertes Projekt des hbz, das einen Überblick über die globale OER-Bewegung bereitstellen wird. Die OER World Map zielt dabei insbesondere auf drei Kernzielgruppen ab: Erstens sollen Lehrende und Lernende unterstützt werden, die für sie passenden OER-Quellen zu finden. Zweitens sollen OER-Initiativen ähnliche Projekte finden können, etwa um Projektergebnisse besser nachnutzen und Erfahrungen schneller austauschen zu können. Und schließlich sollen drittens Entscheidungsträger im Bildungbereich mit aussagekräftigen Statistiken zum Thema versorgt werden, so dass sie mehr Entscheidungen zugunsten von OER treffen und diese auch besser vertreten können. Erstaunlicherweise gibt es nämlich auch nach mehr als zehn Jahren OER-Bewegung immer noch sehr wenig belastbares Zahlenmaterial. Im Prinzip sind die Zielsetzungen der World Map also weitgehend identisch mit denen des Atlasses, nur dass die World Map global ausgerichtet ist und nicht wie der Atlas in gedruckter bzw. druckbarer Form vorliegt.
Transferstelle für OER: Warum braucht es ein gedrucktes Buch?
Jan Neumann: Ja, das mag manchen vielleicht nicht zeitgemäß erscheinen. Tatsächlich werden alle im Atlas enthaltenen Informationen auch in der OER World Map aufgenommen werden. Trotzdem glaube ich, dass eine Printfassung verschiedene Vorteile hat. Zum einen gibt es immer noch eine nicht zu unterschätzende Gruppe von Menschen, die sich in einem Buch schneller zurecht findet als in einer Datenbank. Selbst in Bereichen, in denen die Digitalisierung weit vorangeschritten ist, wie im Bibliothekswesen, mache ich immer wieder die Erfahrung, dass das gedruckte Werk weiterhin gut ankommt. Ich glaube, das gilt auch im Bereich der Bildungsadministration. Und tatsächlich erleichtert das Buch den Zugang zur Information. Auch wenn alle Daten in der World Map enthalten sein werden, so muss man doch wissen, wie man die richtigen Informationen findet. Diese komplexitätsreduzierende Funktion scheint mir im Übrigen auch bei Schulbüchern eine große Rolle zu spielen…
Jan Neumann arbeitet als Leiter Recht und Organisation am Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz). Er beschäftigt sich seit 2012 intensiv mit OER, bloggt zum Thema auf www.oersys.org und ist Mitglied des Fachausschusses Bildung der Deutschen UNESCO Kommission (DUK).
(Foto, von Jan Neumann unter CC BY 4.0)
Transferstelle für OER: Wer kann welche Einträge für den OER-Atlas einreichen?
Jan Neumann: Jede Person oder Organisation, die im OER-Bereich aktiv ist, sollte sowohl in der OER World Map als auch im Atlas vertreten sein. Wir unterscheiden dabei zwischen Organisationen und Personen (=Akteuren) sowie Projekten, Services und Events (=Aktionen). Wichtig ist dabei die Unterscheidung von Projekten und Services. Während Projekte dadurch gekennzeichnet sind, dass sie ein definiertes Ende haben, zu dem idealerweise die verfolgten Ziele erreicht worden sind, so sind Services nach unserer Definition auf Dauer angelegte Online-Angebote mit einem Bezug zu OER. Zu den Services zählen insbesondere Wikis und Repositorien, aber auch andere Angebote, wie z.B. OER-Suchmaschinen oder Kommunikationsplattformen wie der Open Educational Ideas Space.
Transferstelle für OER: Wann wird der fertige OER-Atlas erscheinen?
Jan Neumann: Der Atlas soll am 1.3.2016 beim OER-Fachforum 2016 in Berlin vorgestellt werden. Da gedruckte Werke immer einen gewissen Vorlauf benötigen, ist der Zeitplan jedoch durchaus sportlich. Wir benötigen deshalb dringend die Unterstützung der Community, die ihre Daten zeitnah auf der CfP-SeiteOER-Festivals eintragen muss. Das Verfahren ist nicht ganz unaufwändig, wird sich aber lohnen. Die gute Nachricht ist, dass, wenn der Atlas ein Erfolg wird, wovon ich fest ausgehe, der Aufwand für die nächste Ausgabe deutlich geringer ausfallen wird, da dann die Daten ja schon aufbereitet vorliegen und nur noch aktualisiert werden müssen.
Transferstelle für OER: Wird der OER-Atlas selbst als OER veröffentlicht?
Jan Neumann: Klar wie Kloßbrühe! Der Atlas wird unter einer CC BY-Lizenz veröffentlicht. Wir nehmen Offenheit sehr ernst und veröffentlichen deshalb alle Projektergebnisse unter offenen Lizenzen. Das gilt für den Atlas ebenso wie für die Daten auf der World Map sowie für die Software, die wir entwickeln.
Noch bis zum 2. Dezember 2015 können Einträge über entsprechende Formulare vorgeschlagen werden.
3 Kommentare zu “Der OER-Atlas – die „Gelben Seiten” für OER”