Das Kooperationsnetzwerk OER-förderliche Infrastrukturen und -Dienste, kurz KNOER hat sich am 2. Mai 2022 konstituiert. Es organisiert aktiv den Aufbau von offenen Bildungsangeboten als Gemeingut in den deutschen Bundesländern. KNOER baut in einer Gemeinschaftsleistung seiner Mitglieder aus den Ländern die OER-Vernetzung deutschlandweit auf. PD Dr. Markus Deimann, ORCA.nrw, und Dr. Konrad Faber, Virtueller Campus Rheinland-Pfalz, bilden die Doppelspitze des Kooperationsnetzwerkes.
OERinfo: Was ist das übergeordnete Ziel des KNOER?
Markus Deimann: Mit KNOER bauen wir verbindliche und nachhaltige Strukturen der länderübergreifenden Zusammenarbeit auf. Die Vernetzung fokussiert auf OER, um damit Bedingungen für gute Lehre im digitalen Zeitalter zu schaffen. Konkret arbeiten wir an der Sicherung und Weiterentwicklung von Metadatenstandards sowie allgemeiner technisch-organisatorischer Standards. OER-Materialien sollen möglichst unbeschränkt zwischen den Hochschulen und länderübergreifend zirkulieren. Dafür notwendig sind Schnittstellen und ein hohes Maß an Interoperabilität, d.h. die Fähigkeit von Systemen (z.B. Lernplattformen) miteinander zu kommunizieren.
Das KNOER-Netzwerk bauen wir als wichtigen Akteur in der Hochschulbildung auf und streben dazu Kooperationen mit einschlägigen Stakeholdern (z.B. aus Politik und Zivilgesellschaft) an. Denn wir sind fest davon überzeugt, dass die Herausforderungen der digitalen Transformation nur gemeinsam bearbeitet werden können.
Konrad Faber: Wir greifen mit KNOER den Bedarf einer länderübergreifenden Abstimmung im Bereich offener Bildungsressourcen auf und möchten diese auf eine verlässliche und langfristige Basis stellen. Dieser Bedarf ist in den vorausgehenden bi- oder multilateralen Arbeitsbeziehungen der Landeseinrichtungen klar erkennbar gewesen und wurde dann auch in der KMK-Empfehlung zur Digitalisierung in der Hochschullehre vom März 2019 aufgegriffen.
OERinfo: Welche Herausforderungen gilt es in diesem Zusammenhang zu bewältigen?
Konrad Faber: Wir befinden uns ja gesamtgesellschaftlich wie auch im Bildungsbereich in einer Phase der digitalen Transformation, deren Ende aktuell noch nicht abzusehen ist. Vielleicht ist es erst der Anfang einer weitreichenden Entfaltung. Vor diesem Hintergrund und insbesondere auch bezogen auf KNOER möchte ich allerdings weniger den Herausforderungscharakter betonen, als vielmehr den Gestaltungscharakter. KNOER ist als länderübergreifendes Instrument der Gestaltung des Digitalisierungsprozesses in der (Hochschul-)Bildung zu verstehen. Die beteiligten, mandatierten Landeseinrichtungen bringen ihre Kompetenzen und ihre Assets in die Kooperation ein. Wir setzen den Schwerpunkt zunächst auf OER und OER-förderliche Infrastrukturen und -Dienste, da OER Modellcharakter für digitales Lernen und Lehren insgesamt hat und die formalen Herausforderungen einer institutionen- und länderübergreifenden Zusammenarbeit hier am geringsten sind.
Markus Deimann: Als kleine Präzisierung möchte ich betonen, dass wir mit KNOER einen tiefen Einblick in die Hochschulbildungslandschaft haben und dies für uns ein starker Hebel ist, die Interessen und Belange der Hochschulen umfassend bei der digitalen Transformation zu berücksichtigen.
OERinfo: Das KNOER besteht aktuell aus sechs Kooperationspartnern und soll sich in Zukunft noch ausweiten. Wie gestaltet sich die interne Kommunikation und Entscheidungsfindung?
Konrad Faber: Mittlerweile sind wir nach der Beteiligung des eTeach-Netzwerks Thüringen bereits sieben Kooperationspartner und weitere stehen kurz vor einer Beteiligung an KNOER. Wir werden unser Netzwerk in den nächsten Monaten auch noch weiter ausbauen.
Bezüglich der internen Kommunikation hatten wir bereits vor der Konstitution von KNOER eine regelmäßige Dialogstruktur, die nun auch im Hinblick auf die Ausweitung des Kooperationsnetzwerks nochmal etwas justiert und um eine systematische Außenperspektive ergänzt wird. Sie können das auf der Webpage von KNOER mitverfolgen. Die Kollegen der virtuellen Geschäftsstelle, Daniel Diekmann, ORCA.nrw und Martin Lentz, VCRP, kümmern sich aktuell um die Ausarbeitung des Konzepts und deren Umsetzung.
Markus Deimann: Was die Entscheidungsfindung anbelangt baut KNOER in erster Linie auf einen Dialog auf Augenhöhe. D.h. die Einbindung der Kooperationspartner wird groß geschrieben. Gleichzeitig haben wir eine Arbeitsstruktur geschaffen, die formale Entscheidungen ermöglicht. Es gibt eine Mitgliederversammlung, an der auch die zuständigen Ministerien in beratender Funktion beteiligt sind. Und es gibt zwei Co-Vorsitzende, die die Sprecherfunktion von KNOER wahrnehmen – Konrad Faber und ich – sowie zwei Vertreter – Marc Göcks, MMKH, und Peter Rempis, ZOERR. Wir stimmen uns in dieser Viererrunde im operativen Bereich sehr eng ab. Sprecher*innen und Vorsitzende werden in KNOER übrigens auch alle zwei Jahre rotieren.
OERinfo: Welche Aktivitäten verfolgt das KNOER aktuell?
Konrad Faber: In der kurzen Frist freuen wir uns über die große Resonanz, die KNOER erfahren hat. Wir haben von vielen Seiten Gesprächsangebote erhalten, die wir aktuell weiterverfolgen und die in konkrete Arbeitsprojekte einfließen.
KNOER verfolgt einerseits die in der Kooperationsvereinbarung definierten Aufgaben. Diese liegen im Bereich der Information über OER und der Kommunikation im Sinne von Dialog zwischen den Stakeholdern bzw. den OER-Akteuren in der Hochschulbildung. Wir werden uns auch zu ausgewählten, OER-bezogenen Themen in Form von Stellungnahmen äußern. Zudem wird KNOER die Ergebnisse der themenorientierten, offenen Arbeitsgemeinschaften in ihren Ergebnissen zusammenführen und aus diesen heraus Veranstaltungen organisieren. Eine wichtige Aufgabe besteht darüber hinaus in der Identifikation von länderübergreifenden Synergiepotenzialen und das Vorbereiten weiterer Initiativen. Einen besonderen Aufgabenbereich sehen wir im Bereich von OER-Policy, -Strategie und -Governance. Hier werden wir gute Ansätze zusammentragen, einen Dialog darüber initiieren und deren Entwicklung begleiten.
Markus Deimann: Neben den von Konrad genannten Aufgaben haben wir eine Struktur offener Arbeitsgemeinschaften, die wir auch systematisch und bedarfsorientiert ausbauen werden. Als erstes ist hier die schon länger bestehende AG OER-Repositorien und -Referatorien im Hochschulbereich zu nennen (). Sie ist gewissermaßen der Nukleus von KNOER. Ebenso ist bereits seit längerer Zeit die AG OER-Qualität aktiv. Aktuell gründen sich die AG OER-Produktion sowie OER-Policy und -Governance; für das nächste Jahr haben wir uns die Initiierung der AG OER-Weiterbildung sowie die AG Internationalisierung vorgenommen.
OERinfo: Die Bundesregierung setzt aktuell eine Konzeption von Förderrichtlinien zur Ausgestaltung der OER-Strategie auf. Welche Aktivitäten plant das KNOER diesbezüglich?
Konrad Faber: Wir haben bereits die Veröffentlichung der OER-Strategie des Bundes mit großer Freude wahrgenommen und sind auch mit dem BMBF darüber im Gespräch. In ihr sind viele wichtige Ansatzpunkte einer OER-Förderung beschrieben, die wir als sinnvoll erachten und die im Interessen- als auch Bearbeitungsbereich von KNOER und seinen beteiligten Landeseinrichtungen liegen. Schaut man sich die OER-Initiativen und -Förderprogramme in den Ländern an, so ist auf der Zielebene sicherlich eine große Übereinstimmung festzustellen. Insofern schauen wir schon gespannt auf die Förderrichtlinien des Bundes und begrüßen diese in hohem Maße. Im Kooperationsnetzwerk KNOER sind wir auch bereits im Austausch darüber, wie wir uns dabei einbringen wollen. Das lässt sich jedoch erst konkretisieren, wenn die Ausschreibungen veröffentlicht sind.
OERinfo: Die Bundesregierung treibt das Vorhaben einer Nationalen Bildungsplattform voran. Ist eine perspektivische Einbindung des KNOER in dieses Vorhaben vorgesehen?
Konrad Faber: Auch bei diesem Thema sind wir mit dem BMBF im Dialog, der sich aber erst in den nächsten Monaten weiter konkretisieren wird. Wir haben auch bei diesem Vorhaben die Absicht, uns konstruktiv einzubringen und das in den Ländern bereits Vorhandene möglichst gut und sinnvoll zu verzahnen, um potenzielle Redundanzen zu vermeiden. Aufmerksam machen möchten wir in diesem Zusammenhang auch nochmal auf die Vorzüge von OER als Ansatzpunkt einer institutionen- und länderübergreifenden Bildungszusammenarbeit. Unserer Ansicht nach können hier die ersten Schritte aufgrund geringer formaler Hürden am einfachsten begangen werden.