OER-Standards gemeinsam entwickeln im Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten

Open Educational Resources werden von verschiedenen Akteuren im Web veröffentlicht. Um diese Ressourcen bündeln, durchsuchen und plattformübergreifend nutzen zu können, braucht es Absprachen und technische Modelle zur Austauschbarkeit von Metadaten. Das Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM) hat sich als praxisorientiertes Forum zur Kommunikation über geteilte OER-Metadatenpraktiken etabliert. Jüngst hat die Gruppe die erste offizielle Version des Allgemeinen Metadatenprofils für Bildungsressourcen (AMB) veröffentlicht.

Grafik zur OER-Metadatengruppe
Grafik zur OER-Metadatengruppe, Grafik: Angela Karnoll (via Canva.com), nicht unter freier Lizenz

Ein Beitrag von Adrian Pohl, Manuel Oellers und Steffen Rörtgen

Seit dem letzten OERinfo-Beitrag von 2019 zur OER-Metadatengruppe hat es spannende Entwicklungen gegeben: Die Zahl der in der Gruppe aktiven Personen und Institutionen ist weiter gewachsen. Die Prozesse und Arbeitsmittel in der Gruppe haben sich professionalisiert. Zudem hat sich eine weitere Arbeitsgruppe mit dem thematischen Schwerpunkt curricularer Metadaten (Maschinenlesbare Lehrpläne) gegründet. Außerdem wurden verschiedene Vokabulare sowie ein vollständiges Metadatenprofil entwickelt und der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung gestellt. 

Das Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM) und seine Unterarbeitsgruppen

Das Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM) ist eine Arbeitsgruppe innerhalb der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation (DINI). Sie befasst sich mit den Themen:

  • anwendungsübergreifende Integration von Metadaten
  • nationale und internationale Metadatenstandards
  • Anschluss der deutschsprachigen Community an die internationale Metadaten-Community

Es gibt verschiedene Unterarbeitsgruppen bei KIM, die unabhängig voneinander arbeiten. Neben eher bibliotheskspezifischen Gruppen existieren zwei weitere, die sich mit Themen aus dem Bildungsbereich befassen: die OER-Metadatengruppe und die Curricula-Gruppe.

Die OER-Metadatengruppe

Die OER-Metadatengruppe existiert seit 2013 und hat vor allem seit 2017 im Rahmen des Jointly-Projekts an Bedeutung gewonnen, als verschiedene andere Metadatengruppen in ihr konsolidiert wurden (siehe auch das Interview mit Adrian Pohl und OERinfo von 2019 zur Geschichte der Gruppe).

In der Gruppe tauschen sich verschiedene Institutionen, Projekte, Fachexpert*innen und Softwareentwickler*innen zum Thema Metadaten im Bildungsbereich aus. In den monatlichen Treffen können die Teilnehmer*innen ihre eigenen Themen einbringen und besprechen. Das reicht vom Austausch zu Best-Practices bei der Handhabung von Metadaten bis zu der Entwicklung von ganzen Metadatenprofilen, je nach den Bedarfen der Mitglieder.

Die Gruppe versteht sich als Austauschforum für Interessierte, um Doppelarbeiten zu vermeiden. Sie möchte Wissen bündeln und weitergeben sowie bei der Standardisierung von Metadaten zu Bildungsressourcen unterstützen. Dazu hat sie Prozesse erarbeitet, die die Entwicklung und Wartung von Metadatenprofilen fördern und sich an Praktiken von Standardisierungsgremien wie dem World Wide Web Consortium (W3C) orientieren. Konkret sind so bereits zwei Metadatenprofile entstanden, die nun als Spezifikation vorliegen (siehe unten).

Die Curricula-Gruppe

Da vor allem ab 2020 in der Gruppe vermehrt Diskussionen aufkamen, wie Lehrpläne in verschiedenen Bildungsbereichen maschinenlesbar abgebildet werden könnten, wurde die Curricula-Gruppe gegründet, um sich dort dediziert mit dem Thema zu befassen. Nachdem zunächst ein prototypisches Modell zur Abbildung von Lehrplänen entwickelt wurde, ist die Gruppe mittlerweile zum Austauschort für die Projekte It’s Jointly und MEM geworden, die sich explizit mit diesem Thema befassen und in der Gruppe abstimmen.

Getreu dem Motto “open by default” sind nicht nur der Ergebnisse sondern auch die Protokolle beider Arbeitsgruppen öffentlich zugänglich (OER-Metadatengruppe, Curricula-Gruppe). Zur Koordinierung und Organisation einzelner Arbeiten werden außerdem bei Bedarf Kanban Boards verwendet, siehe z.B. das AMB Board.

Professionalisierung der Prozesse

Während in der Anfangszeit erste Spezifikationsentwürfe mit GoogleDocs verfasst wurden, hat die Gruppe 2019/20 mit dem “Stöberspecs”-Projekt die Grundlage geschaffen, ihre eigenen Tools und Prozesse zu definieren und die Entwicklung von Spezifikationen zu professionalisieren. Im Projekt wurde dazu – mit tatkräftiger Unterstützung von OpenCultureConsulting – der ReSpec-Prozessor des W3C für unsere Zwecke angepasst. Jetzt kann aus einer auf GitHub gepflegten HTML/Markdown-Datei eine übersichtliche Spezifikation gebaut werden. Ein anschauliches Beispiel ist die Spezifikation für das Allgemeine Metadatenprofil für Bildungsressourcen (AMB).

Außerdem wurde damit begonnen, die Prozesse für Veröffentlichungen von und Änderungen an Spezifikationen zu definieren. Bei Bedarf konkretisiert und ergänzt die Gruppe diese Prozessdokumentation.
Des Weiteren entwickelt und pflegt sie auf dieser Basis nun Empfehlungen für Metadatenprofile und kontrollierte Vokabulare.

Metadatenprofile

Metadatenprofile basieren meist auf eher generischen Standards oder Metadatenschemata, deren konkrete Verwendung sie in relevanten Punkten genauer beschreiben. So legen Profile beispielsweise fest, welche Werte genau in einem Feld anzugeben sind. Ebenso können sie den Verpflichtungsgrad der Felder definieren oder Felder aus verschiedenen Metadatenschemata kombinieren. Für Bildungsressourcen haben sich etwa das Metadatenschema LOM (Learning Objects Metadata) und LRMI (Learning Resource Metadata Initiative) etabliert. Die OER-Metadatengruppe hat auf Basis beider Standards je ein Metadatenprofil veröffentlicht:

  • HS-OER-LOM: ein XML-basiertes Profil zur Beschreibung von Bildungsressourcen im Hochschulbereich.
  • Allgemeines Metadatenprofil für Bildungsressourcen (AMB): ein bildungsbereichübergreifendes Metadatenprofil für die Beschreibung von Lehr- und Lernressourcen, das hauptsächlich auf schema.org und Learning Resource Metadata Innovation (LRMI) basiert. Die erste offizielle AMB-Version hat die Gruppe nach dreieinhalb Jahren Entwicklung im Oktober 2023 veröffentlicht.

Das AMB hat bereits verschiedene Adaptoren gefunden. Unter anderem wird es auch in der Initiative “Mein Bildungsraum” (ehemals Nationale Bildungsplattform) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung genutzt.

Die Curricula-Gruppe hat zudem ein prototypisches Datenmodell und Profil zur Abbildung von Lehrplänen veröffentlicht. Dieses Modell ist noch nicht als Standard zu verstehen, sondern dient als Diskussionsgrundlage, um mögliche Technologien und Attribute zu diskutieren. Momentan arbeiten Akteure der öffentlich geförderten Projekte It’s Jointly und MEM in der Gruppe gemeinsam an der Weiterentwicklung des Modells.

Kontrollierte Vokabulare

Im Rahmen der Entwicklung von Metadatenprofilen ist es wichtig, nicht nur festzulegen, welche Attribute/Felder vorkommen sollen (“Titel”, “Fach”, “Zielgruppe”), sondern auch, welche Inhalte dort angegeben werden sollen/dürfen. Während das Attribut “Titel” bspw. ein Eintrag vom Typ “Text” erwartet (“Meine grandiose Ressource zum Thema Satz des Thales”), so verfügt das Attribut “Fach” über eine feste Werteliste, aus der ein möglicher Wert kommen kann (“Deutsch”, “Mathematik”, “Englisch”,…). Solche Wertelisten werden auch als “Kontrollierte Vokabulare” bezeichnet.

Die Gruppen nutzen zur Abbildung solcher kontrollierten Vokabulare den Standard “Simple Knowledge Organization System” (SKOS). Interessierte können sich in der deutschen Einführung in das Thema dazu genauer informieren. Auch bei den Vokabularen stehen die Aspekte Standardisierung, Interoperabilität und Nachnutzbarkeit im Vordergrund. Die Vokabulare werden gemeinsam diskutiert, auf GitHub zur Verwendung in technischen Systemen zur Verfügung gestellt und mit dem Tool SkoHub veröffentlicht. Auf diese Weise können Interessierte die Vokabulare einfach nutzen und in ihre Anwendungen integrieren oder auch für ihre eigenen Zwecke anpassen (Beispiel: Hochschulfächersystematik).

Erfreulicherweise haben einige Akteur*innen im Bildungsbereich diesen webbasierten Ansatz bereits adaptiert und stellen ihre kontrollierten Vokabulare ebenfalls als SKOS-Vokabulare mit SkoHub zur Verfügung oder haben Funktionalitäten zum Umgang damit implementiert, u.a.:

Auch die Software edu-sharing hat den Umgang mit SKOS-Vokabularen integriert.

Beispielhafte Mitarbeit

Um Arbeit und Nutzen der Gruppe zu illustrieren, werden hier einige der an den KIM-OER-Aktivitäten beteiligten Partner*innen, ihre Motivation und die Vorteile, die sie aus der Zusammenarbeit und Vernetzung gewinnen, vorgestellt.

hbz & TIB

Das Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz) und die TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften haben sich im Januar 2020 zusammengetan, um den OER Search Index (OERSI) zu entwickeln. Für die Umsetzung und einen nachhaltigen Betrieb waren unter anderem zwei Dinge nötig:

  1. ein JSON-basiertes Index-Profil für die verwendete Suchmaschinen-Software: Dieses Profil sollte möglich machen, dass durch die sinnvolle Schachtelung von Feldern auch komplexere Abfragen leicht umsetzbar sind.
  2. eine Handreichung zur Veröffentlichung von Metadaten für Bildungsressourcen – idealerweise auf Basis des anerkannten und verbreiteten schema.org-Vokabulars – im Web, um OERSI ein leichtes Einsammeln und Indexieren zu ermöglichen.

Mit dem Allgemeinen Metadatenprofil für Bildungsressourcen (AMB) hat die Gruppe die Arbeit an einer Spezifikation begonnen, die beide Punkte adressiert. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Interessierte dazu, die ein solches Profil auch für sich nutzen wollten und häufig direkt zu seiner Entwicklung beigetragen haben. Dreieinhalb Jahre später, im Oktober 2023, wurde die erste offizielle Version der Spezifikation veröffentlicht – ein Kooperationsprojekt von etwa zwanzig Personen aus mehr als zehn verschiedenen Einrichtungen im Schul- und Hochschulbereich.

ComeIn

Das Projekt ComeIn ist ein Zusammenschluss aller lehrkräftebildenden Universitäten in NRW. Ziel des Projekts war es, digitalisierungsbezogene Kompetenzen von Lehrkräften durch Material für die Aus- und Fortbildung zu verbessern. Um dies zu erreichen, basiert das technische Architekturkonzept von ComeIn auf verschiedenen Säulen, damit ein nachhaltiger Betrieb nach Ende der Projektlaufzeiten gewährleistet ist. ComeIn orientiert sich dabei an OER-förderlichen Modellen für vernetzte und interoperable Infrastrukturen. Die Erfassung der Ressourcen erfolgt in Kooperation mit WirLernenOnline und basiert auf einer gemeinsamen Weiterentwicklung der Metadatenstandards. Damit die Ressourcen auch in anderen Referatorien auffindbar sind, hat ComeIn ein Metadatenaustausch mit OERSI etabliert. Dabei werden die Metadaten anhand des Metadatenprofils AMB harmonisiert. Ebenfalls wird die offene Schnittstelle von OERSI nachgenutzt, um zentrale Sucheinstiege für Akteure der Lehrkräfteaus- und -fortbildung auf dem Metaportal von ComeIn bereitzustellen. Die Arbeiten werden in den Kompetenzzentren von lernen.digital fortgesetzt.

Serlo Education e.V.

Serlo Education e.V. nutzt das in der Gruppe entwickelte AMB-Profil für deren Metadaten API. Durch Verwendung des AMB-Profils war die Einbindung in „Mein Bildungsraum“, Wir lernen online sowie SODIX Mundo unkompliziert möglich. Während des Projektes brachte sich Serlo aktiv in der Gruppe ein und hat maßgeblich bei der Bearbeitung noch offener Aufgaben für die erste offizielle Version des AMB mitgewirkt. Ein Musterbeispiel für zeitlich befristete Projektarbeit, die gleichzeitig zu Aufbau und Pflege langfristiger Standards und Strukturen beiträgt!

Twillo

Das Portal Twillo für OER in der Hochschullehre nutzt die Schnittstelle von OERSI, um einen einheitlichen Zugang zu den Ressourcen verschiedener Repositorien bereitzustellen. Durch die Nachnutzung der OERSI-Schnittstelle findet hier das AMB-Metadatenprofil Anwendung.

IQB

Das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) koordiniert die Entwicklung der Bildungsstandards und prüft deren Erreichung durch bundesweite Tests. Für die Darstellung der Bildungsstandards in maschinenlesbarer Form werden diese nun in SKOS modelliert und öffentlich zur Verfügung gestellt (https://iqb-vocabs.github.io/). Eigene Applikationen verwenden diese Daten, Dritte können sie aber auch frei nutzen. Damit nimmt das IQB eine Vorreiterrolle hinsichtlich transparenter und öffentlicher Bereitstellung ihrer Daten ein. Die Nutzung dieser Daten ist vor allem für die Curricula-Gruppe von Bedeutung. Im Schulbereich entwickeln Akteur*innen die Landescurricula auf Basis der Bildungsstandards. Daher können sie bei der Modellierung der Lehrpläne Referenzen auf die Daten des IQBs ziehen.

FWU und WirLernenOnline

FWU – Das Medieninstitut der Länder und WirLernenOnline beteiligen sich schon länger aktiv in der OER Metadatengruppe und arbeiten bei der Entwicklung des Datenmodells zur Abbildung von Lehrplänen zusammen. Beide Institutionen befassen sich in eigenen Projekten mit dem Thema und stimmen sich bei der Entwicklung eng in der Curricula-Gruppe ab. In regelmäßigen Arbeitssitzungen werden relevante Zielgruppen und Use-Cases definiert und Attribute sowie Wertelisten besprochen und erarbeitet. Damit werden Doppelarbeiten vermieden und Kräfte gebündelt, was insgesamt zu einem in der Community gut abgestimmten Modell führt.

Zusammenfassung / Ausblick

Infobox: Die OER-Metadatengruppe trifft sich immer am zweiten Dienstag, die Curricula-Gruppe immer am letzten Dienstag im Monat.

Es ist zu hoffen, dass sich der aktuelle Trend weiter fortsetzt und die Gruppen noch stärker als Austausch- und Kollaborationsort zu den jeweiligen Metadatenthemen etablieren. Wir wünschen uns, dass sich weitere Akteur*innen – seien es befristete Projekte oder Einrichtungen – an der Diskussion und Entwicklung nachhaltiger Metadatenstandards für die Bildung beteiligen.

Um die Diskussionen und Ergebnisse zu Metadatenthemen noch transparenter und breiter zugänglich zu machen, wird gerade erprobt, das Fachforum https://metadaten.community auch für Gruppenaktivitäten zu nutzen. Das Forum bietet den Vorteil, dass es mit seinen Funktionen zielgerichtete Diskussionen im Web unterstützt. Außerdem können Suchmaschinen es indexieren und Themen sind so dort schneller auffindbar. Bestenfalls sorgt diese Transparenz für Anregungen zur Mitarbeit in den Gruppen.
 
Der Beitrag ist auch im DINI-Blog zu finden: https://doi.org/10.57689/dini-blog.20240409
 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Adrian Pohl, Manuel Oellers und Steffen Rörtgen, Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM) für OERinfo

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