Jonas Bannert im Interview
Bei OERcamp meets Hacks&Tools vom 21. bis 23. Februar 2020 in Hamburg wurden aus 21 Projekt-Pitches schließlich 12 Projekte mit Fördermitteln zur weiteren Entwicklung des Vorhabens bedacht. „Energiewende 4.0“ gehört zu den geförderten Projekten. Im Interview erklärt Jonas Bannert, was hinter „Energiewende 4.0“ steckt und was die Welt von der Entwicklung dieses Projektes erwarten kann.
OERinfo: Wie wird die Welt besser sein, wenn „Energiewende 4.0“ umgesetzt ist?
Jonas Bannert: Das erzählen wir am besten direkt mit dem großen Bild: Wir haben als Menschheit verschiedene ökologische Belastungsgrenzen unseres Planeten überschritten, eine davon ist der Klimawandel. Problematisch ist hier die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre, wodurch die klimatischen Bedingungen und somit unsere Lebensgrundlage auf unsere Erde substantiell verändert werden. Dies stellt unsere Gesellschaft vor völlig neue Herausforderungen. Die Politik hat diese Bedrohung erkannt, sodass sich beispielsweise auf der Klimakonferenz in Paris 2015 alle Staaten der Erde darauf geeinigt haben, dass die globale Temperaturerhöhung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen sei. Denn die Klimawissenschaft ist sich einig, spätestens ab 2 Grad Celsius Erwärmung drohen irreversible Kippunkte im globalen Klima erreicht zu werden. Aktuell sind wir in der Bundesrepublik Deutschland mit unseren Maßnahmen auf einem Weg zu etwa 3,5 Grad Celsius Erwärmung – und selbst diese Ziele verfehlen wir vermutlich (auch wenn wir sie plötzlich für dieses Jahr durch Corona doch einhalten sollten). Dieser Weg macht uns und einer ganzen Generation von jungen Menschen Angst um unsere Zukunft.
Die entscheidende Stellschraube, um unsere CO2 – Emissionen und somit den Klimawandel zu verringern, ist die Energiewende. Das bedeutet konkret, unseren Bedarf in den Sektoren Strom, Mobilität und Wärme möglichst CO2 frei zu decken. Dies ist jedoch einfacher gesagt als getan – viele spannende Herausforderungen sind hier zu bewältigen.
Eine zentrale Herausforderung ist dabei die Bildung für die Energiewende. Wir haben den Eindruck, dass es vielen Menschen in unsere Gesellschaft an Orientierungswissen bezüglich der Energiewende fehlt und so eine gewisse Unsicherheit besteht. Dies kann auch dazu führen, dass Menschen in unsere Gesellschaft der Energiewende zunächst einmal eher etwas skeptisch und ablehnend gegenüberstehen. Mit unserem HOOU-Projekt wollen wir nun unter anderem hier grundlegende Zusammenhänge der Energiewende vermitteln. So soll dieses orientierende Wissen dazu beitragen, eine differenziertere Meinung über die Energiewende zu entwickeln. Wir erhoffen uns dadurch, dass wir so auch allgemein das Verständnis und die Akzeptanz der Energiewende erhöhen können – weil wir die Energiewende für richtig und notwendig erachten!
So möchten wir mit unserem HOOU-Projekt „Energiewende“ ein Baustein in einer Bildung für die Energiewende sein, um als Gesellschaft die Energiewende weiter vorantreiben zu können und unser Versprechen an die Menschheit, die Einhaltung unserer Klimaziele, einhalten zu können. Die Welt werden wir so mit diesem HOOU-Projekt „Energiewende“ im Sinne einer intra- und intergenerationellen Gerechtigkeit hoffentlich etwas verbessern können.
OERinfo: Was soll für wen mit dem HOOU-Projekt „Energiewende“ erreicht werden?
Jonas Bannert: Konkret wollen wir mit unserem Projekt, junge Menschen am Anfang ihres Berufslebens erreichen und ihnen die Energiewende näherbringen. Dabei geht es zum einen uns darum, überhaupt den aktuellen Stand der Energiewende in die große Vision der Energiewende einzuordnen. Zudem wollen wir auf kreative und visuell ansprechende Weise aktuelle Fragestellungen der Energiewende aus der Wissenschaft aufgreifen und anhand von Praxisbeispielen aus Forschungsverbundprojekten des Competence Center Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW Hamburg wie der „Norddeutsche EnergieWende 4.0“ (NEW 4.0) beantworten. Hier geht es natürlich auch darum, junge, motivierte Menschen für die Energiewende zu begeistern – einer zukunftsträchtigen Branche, in der wir einen Mangel an Fachkräften prognostizieren.
Darüber hinaus ist unsere Bildungsressource natürlich für alle Menschen jeder Altersgruppe gedacht, die ein Interesse an der Energiewende haben, aber vielleicht fragen, an welchem Punkt die Energiewende steht oder einen Einblick in aktuelle Forschungsergebnisse wünschen. Das können beispielsweise auch potentielle Anwohner*innen von geplanten Windrädern sein, die sich einen Einblick in den aktuellen Stand der Energiewende und der Notwendigkeit des weiteren Ausbaus von erneuerbaren Energien wünschen. Konkretes Vorwissen ist für unser Bildungsressource nicht erforderlich.
Wir freuen uns natürlich auch, wenn unsere OER-Bildungsressource von Multiplikator*innen aus dem Bereich der Energiewende aufgegriffen wird und deren Arbeit so um unser multimedialen Bildungsinhalte erweitert wird.
Lernende sollen durch unsere Bildungsressource ein Aha-Erlebnis erleben („So können wir die Energiewende also schaffen!“) sowie ein gesteigertes Interesse an der Energiewende gewinnen.
OERinfo: Wie soll die Idee umgesetzt werden?
Jonas Bannert: Wir werden mit unserem HOOU-Projekt eine multimediale Bildungsressource schaffen. Das bedeutet konkret, dass die Bildungsressource in kleinen Lerneinheiten in Form von Videos, Scrollytelling Geschichten oder einem Podcast unseren Fragestellungen über die Energiewende nachgehen. Dabei sollen die einzelnen Bildungsinhalte je nach eigenem Interesse auf einem individuellen Lernpfad verfolgt werden können. Die Bildungsinhalte werden dabei kreativ und für eine jüngere Zielgruppe ansprechend von unserem Kreativteam umgesetzt.
Es ist uns natürlich klar, dass wir mit diesen begrenzten Mitteln keine umfassende Darstellung der Energiewende abbilden können. Gleichzeitig sind wir zuversichtlich, einen Einblick in einige zentrale Aspekte der Energiewende aus der Forschungspraxis geben zu können, die außerhalb der Fachpresse kaum Öffentlichkeit finden.
OERinfo: Kann man sich das anschauen oder sogar mitmachen?
Jonas Bannert: Wir sind gerade erst am Anfang unseres Projektes, der konkreten Entwicklung der einzelnen Inhalte. Das bedeutet, dass man sich leider noch etwas gedulden muss, um erste Ergebnisse zu sehen. Unser Projekt läuft bis Ende 2020. So werden wir im Herbst/Winter 2020 unsere Inhalte sowohl auf einer eigenen Website präsentieren als auch auf der HOOU-Plattform als einzelne OER-Bildungsressourcen verfügbar machen. So kann man beispielsweise als Multiplikator*in in seiner Arbeit oder auch in den privaten Bereich hinein unsere Bildungsressourcen aufgreifen, das OER entsprechend seiner Bedürfnisse anpassen und Teil einer Bildung für die Energiewende werden.
Bis dahin haben wir euch spannende Lesetipps aus dem Umfeld der Energiewende zusammengestellt, mit der ihr euch schon mal etwas vertrauter mit dem Thema „Energiewende“ machen könnt und genauer verstehen könnt, warum es Zeit für die Erstellung unserer Bildungsressource zur Energiewende ist.
Tipps zum Weiterlesen
Zu den planetaren Belastungsgrenzen:
https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html
https://www.kateraworth.com/doughnut/
Zum Klimawandel und seinen Folgen:
https://www.de-ipcc.de/128.php
Zur Akzeptanz der Energiewende:
https://www.new4-0.de/presse/#studien
Zum Bedarf an Arbeitskräften in der Energiebranche:
https://www.new4-0.de/wp-content/uploads/2019/07/NEW-4.0-Ap-7-Aus-und-Weiterbildung_Brosch%c3%bcre-zur-Qualifizierungsstudie.pdf
Zum Einstieg in das Thema Energiewende:
https://www.volker-quaschning.de/index.php
Das HOOU-Energiewende Team sind aktuell Jonas Bannert, Ben Paetzold, Lia Lichtenberg, Felix Röben, Rafael Wohlfahrt sowie Pamela Annecke