Mit OER zu mehr Future Skills in der Hochschullehre – ein Interview mit Melanie Müller

Wie lassen sich sogenannte Future Skills – also jene Kompetenzen, die für die Zukunft von Arbeit, Gesellschaft und Bildung besonders wichtig sind – gezielt in der Hochschullehre fördern? Und welche Rolle können offene Bildungsressourcen (OER) dabei spielen? Diesen Fragen ist Melanie Müller in ihrer Masterarbeit „Future Skills durch OER fördern– Praxis, Potenziale, Perspektiven” nachgegangen. Ausgangspunkt war ihre Beobachtung aus der Hochschuldidaktik: Zwar sind sich viele einig, dass Future Skills zentral sind – doch im Curriculum bleibt oft wenig Raum, sie tatsächlich zu entwickeln. Lehrende möchten Studierende auf die Zukunft vorbereiten, stoßen dabei aber auf knappe Ressourcen, fehlende Materialien und Unsicherheiten in der Umsetzung im eigenen Fach. Hier setzt Melanies OER-Perspektive an: Offene Bildungsressourcen können nicht nur entlasten, sondern auch den Gedanken von Offenheit, Kollaboration und Adaptierbarkeit in die Lehre tragen – genau jene Prinzipien, die auch den Future Skills zugrunde liegen. OERinfo hat sie für ein Interview im Rahmen der Aktionswochen des Deutschen Bildungsservers getroffen.

Blick in einen Hörsaal, Dozent steht vor der ersten Tischreihe, sechs Studierende sitzen auf drei Reihen verteilt, drei Studierende haben Laptops vor sich
Future Skills in der Hochschullehre mit OER fördern. Bild: Yan Krukau via Pexels , Pexels-Lizenz

Ein Interview mit Melanie Müller

OER und Future Skills sind die zwei zentralen Begriffe Deiner Arbeit. Da wir davon ausgehen, dass unsere Leser*innen die Definition bzw. Definitionen von OER kennen, erkl Air Jordan XXX Revealedäre doch bitte kurz, wie Du Future Skills in deiner Arbeit definiert hast. Erfahrungsgemäß können die Definitionen dafür je nach Kontext sehr unterschiedlich ausfallen…

Das Thema überfachlicher Kompetenzen ist nicht ganz neu. Es wird bereits seit den siebziger Jahren darüber diskutiert, dass Studierende neben dem Fachwissen, Kompetenzen benötigen, die als Schlüsselkompetenzen oder in ihrer Weiterentwicklung als 21st Century Skills bezeichnet werden.

Ich habe versucht, eine Definition zu wählen, die diese tradierten und immer noch relevanten behind the design of the air jordan 12 Kompetenzen aufgreift. Gleichzeitig soll sie aber auch den gegenwärtigen sowie zukünftigen Anforderungen gerecht werden. Dabei soll der Begriff in meinem Fall vor allem für den Bereich der Hochschulen und in erster Linie für Studierende und Lehrende wirksam werden. Ich habe meine Definition an der aktuellen Analyse des Stifterverbands und Ulf-Daniel Ehlers angelehnt und v.a. die Grundlagen verschiedener Modelle mit dem Fokus Hochschule vereint sowie eine Abgrenzung zu Definitionen bisherigen Modelle überfachlicher Kompetenzen gefunden.

Definition:

„Future Skills im Hochschulkontext bezeichnen jene Kompetenzen, die Studierende dazu befähigen, komplexe Probleme in hochdynamischen, von Unsicherheit und gesellschaftlichem Wandel geprägten Handlungskontexten zu erkennen, wissenschaftlich fundiert zu analysieren und sowohl eigenständig als auch kollaborativ zu lösen. Sie gehen über disziplinäres Fachwissen und Allgemeinbildung hinaus und zielen auf eine selbstwirksame, reflektierte und verantwortungsvolle Teilhabe an beruflichen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen. Sie umfassen insbesondere die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, interdisziplinärem Denken, wissenschaftlichem Arbeiten, innovativem Problemlösen sowie zur Rollenreflexion im Hinblick auf Forschung, Beruf und gesellschaftliches Engagement. Sie beruhen auf einem Zusammenspiel kognitiver, motivationaler, sozialer und wertebezogener Ressourcen und entwickeln sich in einem iterativen, handlungs- und erkenntnisorientierten Lernprozess. Im Sinne des hochschulischen Bildungsauftrags verbinden Future Skills Fachlichkeit mit Persönlichkeitsentwicklung, Forschungsorientierung und gesellschaftlicher Verantwortung und fördern so die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen in einer sich ständig wandelnden Welt.“

Das Novum der Future Skills sehe ich in der stärkeren Berücksichtigung digitaler Kompetenzen wie Digital Literacy oder Data Analytics und Künstliche Intelligenz (KI), also jenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die essenziell sind, um in und mit digitalen Umgebungen souverän und reflektiert umgehen zu können. Zudem findet bei Future Skills eine stärkere Einbeziehung von transformativen Kompetenzen, wie Innovationskompetenz oder Ambiguitätskompetenz, statt.Kompetenzen, die uns helfen in einer VUCA[1] Welt, zu bestehen, sind heute wichtiger denn je. Diese Welt ist zunehmend von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt. Sie verlangt Widersprüche zu erkennen, ohne vorschnelle oder vereinfachende Lösungen zu suchen, sondern stattdessen neue innovative Wege zu finden.

Gerahmt wird das Konzept der Future Skills zum einen durch eine ausgeprägte Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, zum anderen durch die grundsätzliche Haltung, neu aufkommende Fragestellungen systematisch mit wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen und dabei positiv in die Gesellschaft zu wirken. Deutlich wird die Notwenigkeit solcher Kompetenzen an Beispielen wie der Corona-Pandemie.  Sie hat gezeigt , wie schnell etablierte Verfahren an ihre Grenzen stoßen können. Innerhalb kürzester Zeit mussten weltweit neue Lösungen entwickelt werden, häufig, ohne auf bewährte Muster zurückgreifen zu können. Ein ebenso prägnantes Beispiel ist der rasante Fortschritt und Einfluss generativer KI, wie etwa die Veröffentlichung von ChatGPT. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen auf den Erkenntnisgewinn, Lernpraktiken oder die Verifikation von Informationen sind derzeit nur begrenzt absehbar, das macht die Förderung entsprechende digitaler sowie (meta-)kognitiver Kompetenzen erforderlich, damit die Potenziale dieser Technologien wirklich reflektiert und risikoarm genutzt werden können. 
 

In Deiner Arbeit beschreibst Du Potenziale, wie OER zur Förderung von Future Skills beitragen können. Welche überfachlichen Kompetenzen siehst Du dabei als besonders gut durch OER unterstützbar — und warum?

Prinzipiell können OER alle Future Skills unterstützen, entscheidend sind die didaktische Gestaltung und die Praxisnähe der Materialien. Besonders effektiv sind OER vor allem, wenn man sie auch in offene Lehr-Lernpraktiken einbettet. Denn nicht das PDF an sich fördert die Kompetenzen, sondern die offene Praxis drum herum, wie das Vergleichen, Verändern, Teilen, Anwenden der Materialien. Je stärker OER didaktisch in das Lehr-Lern-Konzept eingebettet sind (klare Lernziele, Interaktivität, Feedback, Reflexion etc.), desto gezielter lassen sich Future Skills fördern, wie in diesen Kompetenzbereichen:

  • Kritisches Denken und Problemlösen: Offene Materialien lassen sich vergleichen, remixen und in neue Kontexte übertragen. Wenn Studierende OER prüfen, adaptieren oder gegeneinanderhalten, trainieren sie Argumentation, Evidenzbewertung und Transfer.
  • Kollaboration und Kommunikation: OER entfalten ihre Wirkung vor allem in offenen Praktiken (OEP). Co-Creation von Materialien, Peer-Feedback, gemeinsame Kuratierung, all das fördert Teamarbeit, Diskursfähigkeit und konstruktives Feedback.
  • Lernkompetenz und Selbstorganisation: OER sind niedrigschwellig zugänglich, oft modular und vielfältig formatiert. Das unterstützt selbstgesteuertes Lernen, individuelles Tempo und das Planen eigener Lernpfade.
  • Digitale Souveränität (Digital Literacy): Der Umgang mit Lizenzen, Metadaten, offenen Formaten und Tools ist gelebte Medienkompetenz. Wer OER erstellt, bewertet oder technisch anpasst, baut digitale Handlungsfähigkeit auf.
  • Innovations- und Veränderungskompetenz: Offen lizenzierte Materialien laden zum Ausprobieren ein. Remixen, kontextualisieren, prototypisch testen, all das ist ein optimaler Nährboden für kreative Lösungswege und iteratives Arbeiten.

 

Wo Potenziale vorhanden sind, existieren meist auch Herausforderungen. Einige wurden durch Deinen Mixed-Methods-Ansatz mit Online-Befragung und Fallstudie deutlich. Welche Herausforderungen sind das genau und welche Gründe für Nutzungshemmnisse von OER beinhalten sie?

Als häufigste Herausforderung wurde unter den Teilnehmden der Befragung der Mangel an Zeit und Ressourcen benannt. Das bezieht sich nicht nur auf die Nutzung von OER, sondern bereits auf all das, was davor liegt: passende Materialien finden, ihre Qualität einschätzen, didaktisch sinnvoll einbetten und, wo nötig, Lehrkonzepte weiterentwickeln. Genau hier entsteht air jordan 1 mid release date ein „unsichtbarer“ Mehraufwand, der ohne Entlastung oder Anrechnung dazu führt, dass OER im Alltag schnell zur Zusatzaufgabe wird. Verstärkt wird das durch Unsicherheiten an der Schnittstelle von Didaktik und Technik. Viele stellen sich Fragen wie: Welche Lizenz erlaubt was? Welche offenen Formate sind nachnutzbar? Welche Metadaten brauche ich für Auffindbarkeit und Nachnutzung und wie binde ich das Material didaktisch sinnvoll in mein Fachcurriculum ein? Nicht selten sind die gefundenen Materialien zwar formal offen, praktisch aber schwer adaptierbar, beispielsweise wenn nur eine mp4-Datei ohne editierbare Quelldatei vorliegt. Häufig fehlen zudem didaktische, relevante Angaben wie klare Lernziele, Angaben zum Vorwissen oder Hinweise auf Einsatzszenarien sowie Feedback- und Reflexionsphasen. All das erschwert die unmittelbare Anschlussfähigkeit. Die eigentliche Qualität der Materialien wird oft erst sichtbar, wenn man tief einsteigt, genau diese Zeit fehlt jedoch. Die Folge ist dann, dass Lehrende eher zu Eigenproduktionen greifen oder vertrauten Verlagsmaterialien nutzen, weil dieser schneller als verlässlich gelten. Parallel setzen curriculare und prüfungsbezogene Strukturen enge Grenzen: die vollgeschriebenen Modulhandbücher lassen wenig Spielraum für anrechenbare, kompetenzorientierte Formate und eine systematische Verankerung von Future Skills. Gutes Material allein hebt diese Hürden nicht auf.

In meiner Fallstudie könnte ich diese Punkte konkret nachvollziehen. Bei der Recherche und Bewertung von geeigneten OER zeigte sich eine Spannweite von gut strukturierten, interaktiven Kursen mit klaren Lernzielen und Reflexionsphasen bis hin zu reinen Vortragsaufzeichnungen ohne didaktische Einbettung. Oft waren Metadaten lückenhaft, Suchbegriffe lieferten unpassende Treffer oder offene Formate zum direkten Weiterarbeiten fehlten.

In der Befragung zeigt sich, dass es weniger an der Bereitschaft fehlt, OER zu nutzen, sondern an Zeit, Klarheit und verlässlichen Strukturen. Dabei gibt es einige Möglichkeiten, um diesen Nutzungshemmnisse zu begegnen: Im Suchprozess könnten präzise Such- und Bewertungschecklisten helfen, da sie zum einen Impulse für die Bewertung geben können (wie Lernziele, Vorwissen, Einsatzszenarien, Bearbeitungszeiten, offene Quelldateien), zum anderen unterstützen sie bei der systematischen Melania Trump's Hands on Donald's Trip Make a Subtle Style Statement Recherche und machen die Treffer damit vergleichbar. Ergänzend steigt die Trefferqualität, wenn Repositorien weiter ausgebaut würden, etwa durch einheitliche didaktische Metadaten, entsprechenden Filterlogiken und der Umsetzung der FAIR-Prinzipien. Ebenso wichtig ist die didaktische Anschlussfähigkeit. Wenn OER-Arbeit v.a. in nachprüfbare Ergebnisse, Portfolios oder Prozessdokumentationen mündet, werden dadurch nicht nur die entwickelten Kompetenzen sicht- und bewertbar. Auch der Mehrwert für die Ausbildung von Future Skills tritt stärker zu Tage. Damit dies gelingt braucht es zudem institutionelle Entlastung und Anreize. Vielfach wurde bereits von Deputatsanrechnungen, Micro-Grants für die Entwicklung von OER und dem Ausbau von Beratungs- und Weiterbildungsangebote zur didaktischen Einbettung, zu rechtlichen Fragen, Formaten und Metadaten gesprochen.

Die Frage nach der Qualität von OER könnte meines Erachtens noch stärker als Gemeinschaftsaufgabe organisiert werden, beispielweise durch einfachere Peer-Review-Verfahren, offene Feedbackkanäle direkt am Material bzw. im Repositorium und generell durch vermehrte Co-Creation mit Studierenden. Dadurch könnte das Vertrauen und Akzeptanz der freie Bildungsmaterialien erhöht und gleichzeitig deren Weiterentwicklung beschleunigt werden.

 

Du führst auch Good-Practice-Beispiele auf, die zeigen, dass die Integration von OER zum Aufbau von Future Skills durchaus umsetzbar ist. Welche Handlungsempfehlungen kannst Du daraus (und aus den anderen Untersuchungen) ableiten?

In den Good-Practice-Beispielen hat sich gezeigt, dass OER zur Förderung von Future Skills besonders dann funktionieren, wenn Studierende im Sinne einer studierenden- und kompetenzorientierten Lehre besonders aktiv in die Lehre mit einbezogen wurden.

Durch entsprechende Lernmethoden wie projekt- oder forschungsbasiertes Lernen und Fallstudien wurde nicht nur das selbstgesteuerte Lernen gefördert, Studierende erlebten zudem eine gesteigerte Selbstwirksamkeit, nicht zuletzt, weil sie ein offenes Lernmaterial tatsächlich erstellen, lizenzieren und veröffentlichen. Damit stieg die Lern-Motivation und letztlich auch die Verantwortung für den eigenen Lernprozess. Sehr anschaulich ist dies im Projekt „Sprache – Bildung – Nachhaltigkeit“ nachzuvollziehen. Hier entwickelten Studierende OER zu BNE-Themen und machten sie frei zugänglich. In Teams recherchierten, didaktisierten und produzierten die Studierenden Lehr-Lern-Materialien (etwa Lehrvideos mit begleitenden Skripten) und erhielten dazu iterativ Peer-Feedback ihrer Kommilitonen sowie Rückmeldungen ihrer Dozierenden. Anschließend veröffentlichten sie die Ergebnisse unter offener Lizenz auf einem OER-Repository. Das Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie Co-Creation in solchen Settings Teil des Lehrdesigns werden kann und Kompetenzen wie kritisches Denken, Kollaboration und digitale Souveränität im Arbeitsprozess geschult werden können.


[1] VUCA, Akronym für englisch volatility, uncertainty, complexity, ambiguity.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Melanie Müller, Universität Siegen und Angela Karnoll für OERinfo – Die Informationsstelle OER

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