von Jöran Muuß-Merholz (Übernahme)
„Open“ wie in „Accessibility“
Übernahme / Reuse
Dieser Text ist eine Übernahme.
Das Open in Open Educational Resources kann in verschiedener Hinsicht mit Bedeutung gefüllt werden. Zwar fokussieren die meisten Debatten auf urheberrechtliche und software-technische Überlegungen, allerdings sind Lizenzen und Standards nur Mittel zum Zweck.
Der Zweck, wie er zum Beispiel in den Definitionen von UNESCO (2013: 6), Hewlett-Foundation (o. J.), oder der Open Definition (o. J.) angeführt ist, lautet Zugang / access.
Grundlage von Zugang / access ist Zugänglichkeit / accessibility – und hier wird bei der Konkretisierung von OER nicht immer beachtet, dass für einen umfassenden Zugang auch Barrierefreiheit notwendig ist. Das Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit (BKB) (o. J.) definiert Barrierefreiheit im weiteren Sinne wie folgt:
„Die Umwelt soll so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse aller Menschen berücksichtigt. Keine Personengruppe soll aufgrund einer bestimmten Gestaltung von der Nutzung ausgeschlossen werden. Dieses Verständnis der Barrierefreiheit wird auch ,Design für alle‘ oder ,universelles Design‘ genannt.“
Mit Bezug auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) zielt Barrierefreiheit nicht nur auf „den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt“, sondern auch auf den Zugang „zu Information und Kommunikation sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden“ (ebd.).
Bei Lehr-Lern-Materialien gilt es, verschiedene Eigenschaften zu berücksichtigen, die Barrierefreiheit gewährleisten. Dazu gehören zum Beispiel bei Texten und Abbildungen Lesbarkeit durch Screenreader / Sprachausgabe, Braillezeile oder einfach nur flexible Vergrößerungsmöglichkeiten, bei Video- und Audioinhalten etwa Untertitel / Transkripte. Die dafür entwickelten Standards und Funktionen sind nicht OER-spezifisch, sondern bilden die Grundlage für die Zugänglichkeit aller Inhalte. Da das Konzept von OER sich dem umfassenden Zugang verschreibt, muss aber gerade OER das Open auch als Barrierefreiheit / accessibility verstehen.
Inklusives Lernen
Pädagogik und Bildungspolitik orientieren sich zunehmend am Inklusionsgedanken (vgl. UNESCO 2009) und an der Akzeptanz von Heterogenität („Heterogenität ist Normalität“, vgl. Bertelsmann Stiftung 2013). Für Lehr-Lern-Materialien bedeutet dies, dass sie möglichst vielfältig zu verwenden sein bzw. anpassbar gestaltet sein sollten. Der Leitgedanke ist nicht, dass es für Menschen mit Behinderung spezielle Lernhilfen geben muss, sondern dass jeder Mensch Material möglichst flexibel nutzen können sollte. Das gilt umso mehr in der informellen und non-formalen Weiterbildung, bei der die Lernenden die Materialien typischerweise selbst wählen bzw. selbstgesteuert einsetzen, sie also auch selbst anpassen können sollten.
Ein Beispiel, das gleichzeitig das Potenzial für OER deutlich macht: Für Menschen, die geschriebene Texte nicht lesen können oder einfach nicht gern lesen, ist die maschinelle Umwandlung in gesprochenen Text eine große Hilfe. Diese Funktion kann für digitale Inhalte einfach verfügbar gemacht werden. Als 2009 Amazon diese Möglichkeit für (nicht frei-lizenzierte) Bücher über das Lesegerät Kindle zur Verfügung stellte, intervenierten Vertreter der Buchautoren. Die automatische Vorlesefunktion stelle eine Verletzung des Urheberrechts der Autoren dar. Amazon schränkte die Funktion wieder ein.[1]
- Vgl. The Reading Rights Coalition (2009). The Kindle TTS Issue http://www.readingrights.org/kindle-tts-issue