Im Interview zur Publikation “Offen gemacht: Der Stand der internationalen evidenzbasierten Forschung zu Open Educational Resources (OER)”
Die in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 24 erschienene Publikation erhebt den Stand der internationalen empirischen Forschung zu OER, um dadurch Desiderate für eine zukünftige Forschungsagenda aufzuzeigen. Mittels eines systematischen Mapping-Ansatzes wurde dafür die empirische, englischsprachige Forschungslandschaft kartiert. Dr. Daniel Otto, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Learning Lab der Universität Duisburg-Essen, ist Co-Autor des Beitrags.
OERinfo: Wo liegen Deine Forschungsschwerpunkte und -interessen?
Daniel Otto: Im Bereich OER liegen meine Schwerpunkte natürlich zuerst auf dem weltweiten Problem der geringen Verbreitung und Nutzung von OER. Als Mediendidaktiker interessieren mich aber auch die pädagogisch/didaktischen Implikationen von OER und speziell die Frage, was verändert sich hier durch deren Einsatz. Vor allem Open Educational Practices (OEP) und Open Pedagogy erfahren hier zunehmend Aufmerksamkeit
OERinfo: An welchen Projekten warst und bist Du beteiligt?
Daniel Otto: Am Learning Lab bin ich mit dem Projekt OERinfo gestartet und so zum Thema OER gekommen. Ich unterrichte aber auch in unseren Online-Studiengängen und beschäftige mich darüber hinaus mit Fragen des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien. Seit letztem Jahr habe ich die Leitung des Verbundforschungsprojektes EduArc übernommen. Hier entwickeln wir ein Gestaltungskonzept für verteilte Lerninfrastrukturen, mit denen digitale Bildungsressourcen föderiert bereitgestellt werden können.
OERinfo: Wodurch wurde dein Interesse an Open Educational Resources geweckt?
Daniel Otto: Ich habe mich seit Beginn meiner wissenschaftlichen Tätigkeit mit Lehr-/Lerninnovationen wie MOOCs, Virtual Mobility usw. auseinandergesetzt. OER als (eine) Antwort auf die Herausforderungen des digitalen Lehrens und Lernens haben sofort mein Interesse geweckt.
OERinfo: Das Forschungsvorhaben, das zu der Publikation geführt hat, die wir heute besprechen wollen, wurde vom BMBF finanziert. Wie kam die Finanzierung zustande?
Daniel Otto: Das Learning Lab ist schon lange im Bereich OER engagiert und hat für die heutigen Entwicklungen von OER wichtige Beiträge geleistet. In den beiden Projekten OERinfo und EduArc lag/liegt ein Schwerpunkt auf Erkenntnissen über die Nutzung von OER. Daraus ist die Idee für die Publikation entstanden.
OERinfo: Auf welcher Grundlage habt Ihr euch für den Mapping-Ansatz als methodologischen Zugang entschieden?
Daniel Otto: In beiden Projekten ist uns aufgefallen, dass viele Diskussionen über OER vor allem theoretisch/konzeptioneller Natur sind und es wenige (wissenschaftlich fundierte) empirische Erkenntnisse gibt. Daraus leitete sich unser Forschungsinteresse ab, den empirischen Stand zu OER genauer zu untersuchen und zu systematisieren.
OERinfo: Bitte beschreibe den methodologischen Zugang näher?
Daniel Otto: Bei einem Systematic Mapping geht es in erster Linie darum, sich einen Überblick über die Forschungslandschaft zu verschaffen. Gerade im Fall OER ist dies besonders schwierig, da OER Bildungsbereichs- und Fächerübergreifend weit verbreitet ist. Es ging hier also weniger darum, vertieft einzelne Studien zu analysieren, sondern eher, alle Studien abzubilden, die unseren wissenschaftlichen Kriterien standgehalten haben.
OERinfo: Welche Erkenntnisse konntet Ihr gewinnen?
Daniel Otto: Stark verkürzt könnte man sagen, dass sich ein Großteil der Untersuchungen mit der geringen Bekanntheit von OER beschäftigt. Darüber hinaus werden vor allem Hindernisse und Herausforderungen für den Einsatz von OER untersucht. Der Schwerpunkt liegt primär im Bereich der Hochschule. Hier finden wir häufig Fallstudien und Umfragen von Lehrenden über ihren Umgang oder Nutzung von OER.
OERinfo: Welche Forschungsdesiderate haben sich daraus ergeben?
Daniel Otto: Auffällig war für uns, dass die Frage nach einer Ausgestaltung der Infrastruktur für OER bislang in den empirischen Studien kaum eine Rolle spielt. Hier scheint es doch noch eine erhebliche Forschungslücke zu geben, die wir mit dem EduArc-Projekt verkleinern wollen.
Spannend dürfte auch die Entwicklung im Bereich der offenen Textbücher werden. Deren Entwicklung liegt primär im nordamerikanischen Raum, findet aber mittlerweile auch hier zunehmend Interesse. Die Erstellung dieser offenen Textbücher könnte gut mit OEP und Open Pedagogy verbunden werden. Auch hier liegen wenige empirische Studien vor.
OERinfo: Stehen an der Uni Duisburg-Essen bereits weitere Forschungsvorhaben zu OER an?
Daniel Otto: Im Projekt EduArc arbeiten wir gerade an der Herausgabe eines Sammelbandes zum Thema verteilte Lerninfrastrukturen unter der Beteiligung von Forscher*innen weltweit. Darin untersuchen wir die verschiedenen Aspekte, die für die Konzeption und Förderungen von verteilten Infrastrukturen elementar sind. Aber auch darüber hinaus werden wir die Entwicklung von OER weiter begleiten. Mein Kollege, Daniel Diekmann, befasst sich beispielsweise im Projekt Edutags mit einem Social Bookmarking für OER.