Eine Creative Commons-Lizenz realisiert die Offenheit, das „Open“ in Open Educational Resources (OER). CC-Lizenzen sind Standardlizenzen mit einem festen Kanon an Lizenzbedingungen (hier ausführlich erläutert). Manchmal gibt es jedoch das Bedürfnis, von diesem Kanon abzuweichen. Individuelle Änderungen des Lizenzmodells sind bei Standardlizenzen wie CC zwar nicht vorgesehen. Aber Creative Commons hat bei der Entwicklung der CC-Lizenzen eine gewisse Erweiterungsmöglichkeit geschaffen: CCPlus. Hiermit können die Standardbedingungen der CC-Lizenz um zusätzliche Erlaubnisse ergänzt werden.
Ein Beitrag von Fabian Rack
Wie funktioniert CCPlus?
CCPlus kombiniert eine offizielle Creative Commons-Lizenz (unverändert und wortgetreu) mit einer separaten, unabhängigen Vereinbarung, die zusätzliche Rechte gewährt. Es handelt sich nicht um eine neue oder geänderte Lizenz, sondern um eine eigene Erweiterung, die mehr Rechte als die CC-Lizenzen erlaubt. Das Pluszeichen (+) zeigt an, dass zusätzlich zu den bestehenden Rechten weitere hinzugefügt wurden. Ein entsprechendes Piktogramm kann beispielsweise anzeigen: „+ commercial education“. Diese zusätzlichen Rechte müssen zudem in einem separaten Dokument oder einer Ressource festgelegt werden – der rechtliche Text der Lizenz selbst bleibt unverändert. Das Wiki von Creative Commons erläutert, wie CCPlus funktioniert.
Beispiele für CCPlus
Nicht-Kommerziell, aber auch kommerzielle Bildungsangebote: „CC BY-NC + Commercial Edu“
Angenommen, eine Lehramtsstudentin erstellt kunstvolle Illustrationen und möchte damit Lizenzgebühren erzielen. Gleichzeitig möchte sie, dass diese Illustrationen zu Bildungszwecken frei genutzt werden können. Sie wählt die Lizenz CC BY-NC, um kommerzielle Nutzungen auszuschließen. Nun möchte sie sicherstellen, dass auch kommerzielle Bildungsangebote ihre Illustrationen verwenden dürfen. Die Lizenz CC BY-NC erlaubt dies nicht ohne Weiteres; zumindest fällt die Abgrenzung zwischen kommerziell und nicht-kommerziell häufig schwer (siehe hier). Mit CCPlus könnte die Lehramtsstudentin eine Lösung schaffen: Kommerzielle Nutzungen bleiben zwar ausgeschlossen, zugleich wird aber kommerziellen Bildungsangeboten die Nutzung ausdrücklich erlaubt.
Keine Bearbeitung, aber Übersetzung: „CC BY-ND + Translate“
Ein weiteres Beispiel für CCPlus wäre die Verwendung der Lizenz CC BY-ND, bei der zunächst keine Veränderungen des Werkes erlaubt sind. Durch den Zusatz „Übersetzungen erlaubt“ könnte jedoch eine Ausnahme geschaffen werden, um Übersetzungen zu ermöglichen, die ansonsten nicht zulässig wären. So lassen sich gezielt zusätzliche Erlaubnisse schaffen, die über die Standardlizenz hinausgehen.
Namensnennung nicht überall
Im Bereich „echter“ OER-Lizenzen (CC BY und CC BY-SA, siehe hier) könnten mit CCPlus ebenfalls sinnvolle zusätzliche Erlaubnisse gewährt werden. So könnte beispielsweise festgelegt werden, dass Lehrkräfte auf internen Bildungsplattformen keine Namensnennung vornehmen müssen, während dies bei Veröffentlichungen weiterhin erforderlich wäre.
Obwohl CC-Lizenzen bereits viel Freiheit bieten, gibt es also Situationen, in denen eine Erweiterung sinnvoll ist, um spezielle Nutzungen zu ermöglichen – sei es im Bildungskontext oder durch bestimmte Organisationen.
CCPlus-lizenzierte Materialien kaum vorzufinden
Der Nachteil: Die Option CCPlus macht unter den Milliarden von lizenzierten Werken, wenn überhaupt, nur einen winzigen Teil aus. Während CC-Lizenzen vielfach allgemein bekannt sind, hat sich für die Plus-Option bislang kein Standard etabliert. Es scheint auch zweifelhaft, ob dies noch passieren wird. Dennoch: Eine bedenkenswerte Option für etwas speziellere Fälle kann es durchaus sein. Zugleich geht damit der Charme der Einfachheit der CC-Lizenzen eher verloren. Außerdem zählt eine Einschränkung wie NC nicht als „open“ im Sinne der Definition von OER.
Keine zusätzlichen Einschränkungen
Ein wichtiger Punkt noch zur Grenze von CCPlus: Zusätzliche Beschränkungen sind im CC-Lizenzmodell nicht vorgesehen. Die Grundmodule BY (Namensnennung), SA (Weitergabe unter gleichen Bedingungen), NC (keine kommerzielle Nutzung) oder ND (keine Bearbeitung) darf man also beim Lizenzieren von Materialien nicht weiter einschränken. Beispiele dafür wären eine Art „Zivilklausel“ wie „CC BY, aber nicht für die Rüstungsforschung“ oder „CC BY, aber keine Waldorf-Schulen“, oder auch „CC BY, aber kein KI-Training (no AI)“. Das CC-Lizenzmodell will so verhindern, dass das einheitliche CC-Verständnis untergraben wird.