Freie Bildungsinhalte und Open-Source fördern – die Lernplattform memucho

Screenshot memucho, nicht unter freier Lizenz.

Die Plattform memucho verfolgt das Ziel, Lernen zu vereinfachen und zugleich freie Bildungsinhalte und Open-Source fördern. Die Inhalte sind klar und frei lizenziert. Eigene Inhalte und die von Nutzer*innen erstellten Inhalte stehen unter der Lizenz CC BY 4.0. Offen ist auch der memucho-Quelltext, den jeder bei GitHub einsehen kann.

Im Interview spricht Christof Mauersberger über die Idee und das Geschäftsmodell hinter memucho. Er erklärt, wie das Angebot für Lehrende und Lernende aussieht, welchen Nutzen es bringt und was hinter der Gemeinwohlorientierung von memucho steht.

Informationsstelle OER: Was genau ist memucho?

Christof Mauersberger, Foto: Lisa Schröder CC BY 4.0
Christof Mauersberger, Foto: Lisa Schröder CC BY 4.0

Christof Mauersberger ist Mitgründer der Lernplattform memucho.

Christof Mauersberger: memucho ist ein Wissensmanager und Lerntool mit freien Inhalten. Wir wollen, dass man seinen Wissensstand schnell einschätzen, personalisiert lernen sowie sein Wissen leicht organisieren kann.
Angefangen haben wir als so etwas wie ein Karteikarten-Tool. Allerdings eines, welches persönliche Lernpläne erstellt und prognostiziert, wie viel Zeit jemand bis zum Erreichen eines Lernziels benötigt. Basis dafür ist ein Algorithmus-Wettbewerb, der Vergessen simuliert und damit bessere Prognosen für das Lernen geben kann, als es die bisher verwendeten Standard-Modelle tun.
Mittlerweile stehen die Funktionen zum Wissensstand und Wissensmanagement fast im Vordergrund. Jedes Thema, welches einen interessiert, kann man zu seinem Wunschwissen hinzufügen und hat dann jederzeit im Blick, wie der eigene Wissensstand ist – übersichtlich für das Thema und die Unterthemen.
Die Inhalte, die man bei memucho lernen kann, bestehen aus verschiedenen interaktiven Fragetypen. Momentan sind es Single Choice, Multiple Choice, Zuordnen, Karteikarte, Freitext/Zahl/Datum, weitere folgen. Die Fragen können auch direkt mit Lernvideos gekoppelt werden. Dann hält das Video an, wenn die Frage zu beantworten ist und man kann von einer Frage direkt zur Stelle im Video springen. Die Lernfragen sind eingebettet in Themenseiten, die wir immer stärker mit zusätzlichen Inhalten wie Texten, Videos, Arbeitsblätter etc. füllen, damit ein Thema wirklich durchdrungen werden kann.

Informationsstelle OER: Welchen Vorteil bringt Lernenden die Nutzung von memucho?

Christof Mauersberger: Erstens gibt es aus unserer Sicht bisher kein geeignetes Werkzeug, mit welchem man sein Wissen organisieren, seinen aktuellen Lernstand auch über verschiedene Unterthemen sofort sieht und – wenn jemand zum Beispiel einen Prüfungstermin hat – einen individuellen Lernplan bekommt, der auch noch sagt, wie viel Zeit man zum Lernen einplanen sollte.
Zweitens sind die Inhalte bei uns alle frei. Ohne gute Inhalte nützen einem ja die besten Werkzeuge wenig.
Und drittens sind die Inhalte und die Lerntechnologie von memucho als Widgets ganz leicht in andere Webseiten einbettbar. Damit kann memucho überall dort ergänzend genutzt werden, wo jetzt schon gelernt wird: memucho-Widgets als Plugin zum MOOC-Kurs, als Quiz in Lernmanagementsystemen wie etwa moodle oder auch einzelne interaktive Fragen zur Auflockerung in einem Blog-Beitrag.

Informationsstelle OER: Was genau ist an memucho OER?

Christof Mauersberger: Zunächst sind alle Inhalte bei memucho klar lizenziert und frei. Die von uns und von Nutzer*innen erstellten Inhalte stehen unter CC BY 4.0. Jede*r kann sie also nehmen, nutzen und verändern bei Nennung der Urheber*in. Die einzige Ausnahme bilden Materialien aus amtlichen Quellen, wie etwa Fragen für den „“Segelführerschein” oder Fragen zur Chemikaliensicherheit. Die Zuordnung zu Lernsets oder die Einbindung in bestimmte Lernkontexte ist davon aber nicht beeinträchtigt, deswegen gibt es hier in der Praxis kaum Probleme.
Bilder können direkt aus Wikipedia oder aus Wikimedia Commons übernommen werden, memucho erkennt und prüft die Lizenz dazu.
Das allein macht ja noch kein (gutes) OER aus. Es geht ja darum, dass die Inhalte tatsächlich weiterverwendet und für die eigene Situation angepasst werden können. Deshalb enthält bei uns jede einzelne Frage nicht nur die richtige Antwort, sondern auch Erklärungen, weiterführende Links und Quellenangaben und ist in ein strukturiertes Themennetz eingebunden. Dann kann die einzelne Frage in verschiedene Lernsets eingebunden werden, um unterschiedliche Lernsituationen widerszupiegeln. Die Frage „Welche Creative-Commons-Lizenzen sind für OER geeignet?“ kann in die Lernsets „OER Grundwissen“, „Creative Commons Basiswissen“ und „Einführung OER Anna-Seghers-Schule“ eingebunden werden – und in ein eigenes Lernset, welches man noch um eigene Frage ergänzt.
Aber das reicht noch nicht. Wir werden noch viel tun, damit Inhalte von Nutzer*innen auch wirklich einfach verbessert, direkt angepasst und in andere Formate exportiert werden können. Dazu gehört, dass Lernsets, also Zusammenstellungen von Fragen, mit einem Klick kopiert werden können, um sie schneller anpassen zu können. Gleiches gilt für Fragen. Mittelfristig sollen erfahrene Nutzer*innen erweiterte Rechte bekommen, um Themenseiten gestalten und kleinere Fehler auch bei Fragen korrigieren zu können. Schon jetzt gibt es Reputationspunkte für Nutzer, die gute Inhalte erstellen – also Inhalte, die viel von anderen gelernt werden.
„Open“ ist übrigens auch unser Quelltext, den jede*r bei GitHub einsehen kann.

Informationsstelle OER: Wie können Lernende und andere Interessierte die Inhalte von memucho im Sinne von OER weiter nutzen und verbreiten?

Christof Mauersberger: Zum einen können die Inhalte frei auf memucho.de verwendet werden und die einzelnen Fragen so zusammengestellt und bei Bedarf ergänzt werden, dass sie zur eigenen Lern- oder Lehrsituation passen.
Nach Außen lassen sich unsere Inhalte über unsere Widgets teilen. Jede Frage kann einzeln oder als Quiz eingebettet werden in andere Webseiten, egal ob das Lernmanagementsystem an der Uni, die Schulwebseite oder der eigene Blog.
Wichtig ist uns auch, dass die Hürde des Teilens gering ist. Wer als Nutzer*in Inhalte bei memucho einstellt, teilt sie standardmäßig unter CC BY 4.0. Meistens nutzen Lehrende und Lernende zunächst vorhandene Fragen und Lernsets und erkennen dann in einem zweiten Schritt, dass sie ganz leicht noch einzelne Bereiche selbst ergänzen können. Wegen der Kleinteiligkeit der Fragen gelingt so ein niederschwelliger Zugang. Wir hoffen, viele Menschen so zum Teilen Ihrer oft schon vorhandenen tollen Inhalte zu bewegen.
Wie ich schon gesagt hatte, fehlt da aber noch einiges. Wir bauen sukzessive Funktionen ein, die ein einfaches Anpassen und Verbessern vorhandener Inhalte ermöglichen. Je nach Entwicklung der Community sehen wir auch spezielle Moderationsrechte für Nutzer*innen vor, die in den jeweiligen Bereichen erfahren sind und dann zum Beispiel die Themenseiten in ihrem Fachgebiet betreuen können.

Informationsstelle OER: Wer steht hinter memucho und welches Geschäftsmodell liegt memucho zugrunde?

Christof Mauersberger: Die Nutzung von memucho.de ist kostenlos und wird es bleiben. Wir sind auch darauf angewiesen, dass die Plattform aktiv genutzt wird: Zum einen werden die Inhalte mittelfristig von Nutzer*innen selbst erstellt und verbessert, zum anderen können wir unsere Vergessens-Algorithmen besser trainieren, je mehr mit uns gelernt wird.
Aber wir wollen in unserem gemeinwohlorientieren Unternehmen nachhaltig wirtschaften und brauchen dafür Einnahmen. Die erreichen wir erstens über sehr dezente, bildungsbezogene Werbung, die wir anzeigen. Zweitens kann jede*r Förderer*in werden und, je nach Zahlungskraft, monatlich einen kleinen Betrag zahlen. Damit unterstützt man unsere Idee, sieht keine Werbung und hat vielleicht bald Zugriff auf erweiterte Funktionen. Drittens bieten wir unsere Widgets und unsere Lerntechnologie Bildungsinstitutionen und Verlagen an.
Hinter memucho steht ein Dreier-Gründerteam, Robert, Jule und Christof, welches mittlerweile von einigen Mitarbeitenden unterstützt wird. Wir stecken schon seit ein paar Jahren viel Zeit, Herzblut und Hirnschmalz in memucho, im Oktober 2016 startete dann endlich die öffentliche Beta-Phase. Wir wollen nicht nur ein tolles Tool entwickeln, sondern dabei offene Bildungsinhalte und Open Source fördern und gleichzeitig ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen aufbauen.

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Gabi Fahrenkrog für OERinfo – Informationsstelle OER und Christof Mauersberger für memucho.

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