OER an der Hochschule – Facts aus dem Projekt EduArc

Das Angebot offener Bildungsressourcen ist in der nationalen Hochschulbildung sehr heterogen. Das Verbundprojekt EduArc adressierte die Frage, welche infrastrukturellen, organisatorischen und didaktischen Rahmenbedingungen erforderlich sind, um digitale Bildungsressourcen nachhaltig für die Hochschulbildung im Zusammenwirken von Akteur*innen aufzubauen und sie hochschulübergreifend such- und teilbar zu machen.

Vier Textfelder in orange und blau: Help, Search, Deliver and Organise
Reflecting Open Practices on Digital Infrastructures, Poster: Hiebl et. al., CC BY 4.0

Ein Beitrag von Tamara Heck, Johannes Hiebl und Sylvia Kullmann

Zum Projektende (Schlussbericht: Link TIB ) können wir neue Erkenntnisse teilen und hoffen, so zur Weiterentwicklung von OER-Infrastrukturen und der Nutzung von OER in der Hochschullehre beizutragen. Die drei zentralen Forschungsfelder, die am DIPF bearbeitet wurden, werden im Folgenden kurz vorgestellt. Der Fokus liegt dabei auf infrastrukturellen Qualitätskriterien und Nutzungsszenarien, die auch in einer laufenden Promotion weiterbearbeitet werden.

Facts: OER-Metadaten

Für Lernressourcen gibt es zwei relevante Metadaten-Standards: Learning Object Metadata (LOM) und Learning Resource Metadata Initivative (LRMI). Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung eines einfachen und nützlichen Standards für die deutsche Hochschulbildung liefert die OER Repo AG mit ihrem LOM basierenden Standard für die Hochschullehre. Dieser wurde auch für EduARC übernommen, um die Erschließung von Metadaten sowie deren Austausch zwischen OER-Diensten zu erleichtern und bereits bestehende und etablierte Metadatenprofile im Sinne der FAIRprinciples nachzunutzen.

Eine zentrale Herausforderung im Bereich des Metadatenmanagements ist die nutzerzentrierte Erschließung von OER mittels passender Metadaten-Felder und -Werte. In EduArc untersuchten wir daher die Befähigung von Ersteller*innen von Bildungsressourcen aus der Hochschullehre, eigene Materialien mit Hilfe geeigneter Metadaten insbesondere mit Blick auf pädagogische Informationen zu erschließen. Ziel der Studie mit elf Hochschullehrenden war die Beantwortung der Frage, wie gut diese ihre Bildungsressourcen mit pädagogischen Merkmalen wie z. B. Angaben zur Zielgruppe oder dem Schwierigkeitsgrad der Ressource (Kategorie 5 im LOM-Standard) beschreiben können.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die große Heterogenität der Bildungsressourcen eine zentrale Herausforderung ist. OER sind vielfältig und durch einfache Übungsblätter ebenso repräsentiert wie durch komplette Hochschulseminare. So sind für komplexere OER wir große Lerneinheiten mit Übungen Metadaten-Angaben nützlich, die bei einfachen OER wie Abbildungen oder Textmaterialien nicht unbedingt nötig sind. Darüber hinaus sind einige pädagogische Merkmale schwer allgemein zu beurteilen bzw. sind diese subjektiv und vom konkreten Lehr-/Lernkontext abhängig, in dem die Bildungsressource Verwendung findet. Weiterhin wurden einige Angaben, wie bspw. der Schwierigkeitsgrad oder der mit einer Bearbeitung verbundene Workload, von Lehrenden als wenig nützlich für die Suche empfunden.

Da die OER-Dienste bei wachsender Menge an offen zur Verfügung gestellten Bildungsressourcen eine Erschließung und Prüfung von Metadaten seitens des Dienstes wahrscheinlich nicht mehr garantieren können, sollte der Kompetenzaufbau von Lehrenden zur Beschreibung ihrer eigenen Bildungsressourcen zukünftig gezielt gefördert werden.

Facts: Learning Analytics

In der Forschung gibt es eine Vielzahl an Learning Analytics Indikatoren, die eingesetzt werden können. Einige davon wurden in EduArc aufbereitet und evaluiert. Ein Dashboard zeigt dem Nutzenden verschiedene Learning Analytics Metriken, wie vorhandene Lernressourcentypen oder Schlagworte und deren Häufigkeiten. Es visualisiert die Bildungsdaten für Lehrende und Lernende auf verständliche Weise, wobei eine Studie zeigt, dass beide Zielgruppen die Relevanz einzelner Indikatoren anders einschätzen, z.B. Indikatoren in Bezug auf Kommunikationsverhalten und Kollaboration. Ein Learning Analytics Dashboard in einer laufenden Infrastruktur, die an ein Lernmanagementsystem angebunden ist, besteht aus mehreren Indikatoren, die auf Nutzungsdaten basieren, wie bspw. die Anzahl der Lesesitzungen, die Dauer der Lesesitzungen, die Anzahl der Leseunterbrechungen und die Anzahl der Lernaktivitäten.

Facts: Infrastrukturelle Qualitätskriterien und Nutzungsszenarien

Ziel war die empirische Erfassung der Funktionalitäten von Diensten, die offen lizensierte Bildungsressourcen digital bereitstellen (Heck et. al., 2020; Hiebl et. al., 2022, Hiebl et. al., 2023). In einem Forschungsprojekt an der Hochschule Darmstadt wurden 37 deutschsprachige Dienste zur Bereitstellung von OER identifiziert. Die Dienste unterscheiden sich in der Zielsetzung der bereitgestellten Ressourcen Die Spanne reicht hier von “echten” OER-Repositorien, die sich auf die Veröffentlichung von offen lizensierten und dediziert für Bildungszwecke erstellten Ressourcen spezialisiert haben bis hin zu Open Access-Datenbanken, die unter OER auch Forschungsoutput in Form von z. B. wissenschaftlichen Papern und Artikeln fassen. Darüber hinaus gibt es weitere Dienste, die sich nicht explizit als OER-Dienste bezeichnen, aber Bildungsressourcen frei zugänglich zur Verfügung stellen. Hierzu zählen Webseiten von Lehrstühlen oder der Öffentlichkeit zugängliche Lernmanagementsysteme von Hochschulen.

Die Analyse reiner OER-Dienste zeigt, dass diese vor allem vier Kernfunktionen abdecken:

  1. Suchen und Finden von OER
  2. Ordnen von OER (bspw. durch Speichern von OER-Listen)
  3. Hilfe durch ein Handbuch oder Manual
  4. Veröffentlichen von OER entweder über eine Redaktion oder direkt über eine Uploadfunktion.

Funktionen im Sinne von Social Media und Community Building nehmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine untergeordnete Rolle ein.

Um die Potenziale von OER-Infrastrukturen auszuschöpfen, wird die Perspektive von Lehrenden genauer betrachtet. Eine hierbei zentrale Untersuchung umfasst die Befragung von Hochschullehrenden nach Praktiken zur Herstellung von Bildungsressourcen. Ziel ist es herauszufinden, ob die Alltagspraktiken von Hochschullehrenden zur Herstellung von Lehr- und Lernobjekten mit den voraussetzungsvollen Anforderungen an die Öffnung von Bildungsressourcen im Sinne von OER zusammenfallen. Die Interviewstudie folgt der Grounded Theory Methodology und dauert an. Die finalen Ergebnisse werden im Rahmen eines Dissertationsvorhabens veröffentlicht, das an der PH Heidelberg unter Kooperation des DIPF entsteht.

Der Schlussbericht über die Projekte am DIPF liegt im Open Science Framework. Weitere Ergebnisse des Projekts und weitere Einsichten zu OER werden im Frühjahr 2023 als Open Access Publication erscheinen: Otto, Daniel; Scharnberg, Gianna; Kerres, Michael; Zawacki-Richter, Olaf: Distributed learning ecosystems. Concepts, resources, and repositories. Wiesbaden: Springer 2023

 

Creative Commons LizenzvertragDieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Die Namen der Urheber*innen sollen bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Tamara Heck, Johannes Hiebl und Sylvia Kullmann, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, für OERinfo – Informationsstelle OER.

2 Kommentare zu “OER an der Hochschule – Facts aus dem Projekt EduArc

  • Steffen Rörtgen :

    Im Jahr 2023 einen Forschungsbericht zum Thema „Digitale Bildungsarchitekturen. Offene Lernressourcen in verteilten Lerninfrastrukturen“ zu veröffentlichen und mit keinem Wort den Open Educational Resource Search Index (OERSI, https://oersi.org/resources/) oder WirLernenOnline (www.wirlernenonline.de) als zwei große OER-Suchmaschinen zu erwähnen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, verteilte OER in einer Suche auffindbar zu machen, ist schon schwierig.
    Dort wurden in den letzten Jahren auch massive Erfahrungen hinsichtlich Datenaggregation und Harmonisierung von Metadaten zur (O)ER gewonnen. Beide Projekte sind auch in der OER-Metadatengruppe der DINI-AG-KIM aktiv (https://wiki.dnb.de/display/DINIAGKIM/OER-Metadatengruppe) und tauschen sich dort neben anderen Projekten zu dem Thema aus.
    Das erwähnte LOM-Profil wird übrigens auch in dieser Gruppe gepflegt, wie auf der Seite der OER-Repo-AG nachzulesen ist https://www.oer-repo-ag.de/metadatenstandards/

    An alle Metadateninteressierten im OER-Bereich steht nach wie vor die Einladung zu den monatlichen Treffen der OER-Metadatengruppe. Das nächste Treffen findet übrigens am 14.03. von 11-12h statt, Details hier: https://wiki.dnb.de/display/DINIAGKIM/OER-Metadatengruppe

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  • Lieber Steffen,
    danke für deinen Kommentar. Es war keine Absicht, relevante OER-Projekte nicht zu erwähnen. In unserem Schlussbericht beziehen wir uns ausschließlich auf das vom DIPF untersuchte Teilprojekt. Dies beinhaltete nicht die Entwicklung der Infrastruktur bzw. Plattform. Daher gibt es im Bericht auch keinen Bezug dazu, und es wurden daher keine bestehenden Infrastrukturen explizit erwähnt (obwohl uns diese bekannt sind).
    Wir hätten sicherlich Punkt 5, „Fortschritte bei anderen Stellen“ ausführen und die „enorme Entwicklung“ der Infrastrukturen (OERSI kam ja 2020) im Detail nennen können. M.E. ist dies aber statt in einem Schlussbericht sehr gut in einem Review/Übersichtsartikel aufgehoben, wo es mehr Sichtbarkeit findet.
    Wir haben die Repo-AG explizit genannt, es gab damals auch ein Treffen und wir haben den LOM-Standard übernommen. Ich habe die Hauptseite verlinkt. Die OER-Metadatengruppe ist hier eingeschlossen: https://wiki.dnb.de/display/DINIAGKIM/OER-Metadatengruppe. Dies hätte ich expliziter machen können. Viele Grüße, Tamara

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